Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse

Aktuelles

Der Bundestag hat am 3. Juni 2022 dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung zugestimmt.
Der Bundesrat hat am 10.06.2022 abschließend über das Gesetz zum neuen Mindestlohn (1022. Sitzung des Bundesrates) beraten. Das Gesetz war im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig (es ist ein Einspruchsgesetz). Der Bundesrat billigte das Gesetz abschließend.
Das Gesetz wurde am 30.06.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Im Gesetz findet sich auch eine Änderung des SGB V (Gesamteinkommen für geringfügig entlohnte Familienmitglieder).

§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 SGB V legt fest, dass nur Personen in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert werden, deren regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB SGB IV nicht überschreitet (2022: 470 Euro monatlich). Die monatliche Entgeltgrenze von 450 € für geringfügig entlohnte beschäftigte Familienmitglieder wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2020 abgeschafft.
Mit Wirkung ab 1. Oktober 2022 wird das zulässige Gesamteinkommen für geringfügig entlohnte beschäftigte Familienmitglieder an die neue Geringfügigkeitsgrenze angepasst (Einkommensgrenzen für die Familienversicherung).


Die monatliche Entgeltgrenze von 450 € für geringfügig entlohnte beschäftigte Familienmitglieder wird mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze abgeschafft. Die Regelung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft.
Die Regelung ist ab 01. Januar 2020 entbehrlich. Durch die Anhebung der Bezugsgröße überschreitet die monatliche Gesamteinkommensgrenze ab 01. Januar 2020 die monatliche Entgeltgrenze geringfügig Beschäftigter.

Grundsätze

Familienangehörige können unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert werden. Familienversicherte Angehörige erhalten eine eigene Gesundheitskarte und alle medizinischen Leistungen, die auch zahlende Mitglieder bekommen.

Familienangehörige (Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern) können beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert werden, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 10 Abs. 1 SGB V).

Kinder sind beitragsfrei familienversichert:

  • bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
  • bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind
  • ohne Altersgrenze, wenn sie auf Grund körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderungen außerstande sind, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen
  • bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz leisten
    wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus; dies gilt ab dem 1. Juli 2011 auch für den freiwilligen Wehrdienst, einen Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz, dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer für die Dauer von höchstens zwölf Monaten

Gesetzlich versicherte Studenten können bis zu Ihrem 25. Geburtstag beitragsfrei über die so genannte Familienversicherung der Eltern mitversichert sein. Die Altersgrenze von 25 Jahren verlängert sich um die Zeit des geleisteten Wehr- oder Ersatzdienstes, wenn sich das Studium direkt an das Abitur und den geleisteten Wehr- oder Ersatzdienst anschließt. Wer die Einkommensgrenze oder die Altersgrenze überschreitet, kann die Studentische Krankenversicherung nutzen.

Ab dem 31. Dezember 2015 entfällt der Vorrang der Familienversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II. Das bedeutet, sie müssen ab Ende des Jahres 2015 eigenständiges Mitglied in einer Krankenkasse ihrer Wahl werden. Der Bund trägt für ALG-II-Bezieher die Beiträge.

Besonderheiten sind auch bei eigenem Einkommen des Familienmitglieds, für den die Familienversicherung angestrebt wird, zu beachten.
Einkommensgrenzen für die Familienversicherung (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 SGB V):

  • Für geringfügig entlohnte beschäftigte Familienmitglieder galt bis 2019 eine Einkommensgrenze von 450 € pro Monat.
    Die Grenze wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2020 abgeschafft. Durch die Anhebung der Bezugsgröße im Jahr 2020 auf 3.185 € wurde diese Grenze überflüssig (1/7 davon waren 455 €).
    Bei der Geringfügigkeitsgrenze erfolgt ab 1. Oktober 2022 eine Kopplung an den Mindestlohn. Die Minijob-Grenze wird damit eine dynamische Grenze, die bei einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns steigt.
    Mit Wirkung ab 1. Oktober 2022 ist wieder ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig. Die Geringfügigkeitsgrenze von 520 € liegt im Jahr 2022 über 470 € (1/7 von 3.290 €).
    Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 01.01.2024 auf 12,41 Euro. Die Geringfügigkeitsgrenze steigt ab 01.01.2024 auf 538 Euro.
    Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 01.01.2025 auf 12,82 Euro. Die Geringfügigkeitsgrenze steigt ab 01.01.2025 auf 556 Euro.
    • 01.10.2022 bis 31.12.2023: 520 €
    • 2024: 538 €
    • 2025: 556 €
  • Für alle anderen ist die Familienversicherung nur dann möglich, wenn die monatliche Einkommensgrenze 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreitet.
    • 2009: 360 € (1/7 von 2.520 €)
    • 2010: 365 € (1/7 von 2.555 €)
    • 2011: 365 € (1/7 von 2.555 €)
    • 2012: 375 € (1/7 von 2.625 €)
    • 2013: 385 € (1/7 von 2.695 €)
    • 2014: 395 € (1/7 von 2.765 €)
    • 2015: 405 € (1/7 von 2.835 €)
    • 2016: 415 € (1/7 von 2.905 €)
    • 2017: 425 € (1/7 von 2.975 €)
    • 2018: 435 € (1/7 von 3.045 €)
    • 2019: 445 € (1/7 von 3.115 €)
    • 2020: 455 € (1/7 von 3.185 €)
    • 2021: 470 € (1/7 von 3.290 €)
    • 2022: 470 € (1/7 von 3.290 €)
    • 2023: 485 € (1/7 von 3.395 €)
    • 2024: 505 € (1/7 von 3.535 €)

Leistungen nach dem BAföG werden bei der Ermittlung des Gesamteinkommens nicht berücksichtigt.

Für Kinder ist die Familienversicherung ausgeschlossen, wenn folgende Punkte auf den mit den Kindern verwandten Ehegatten oder Lebenspartner des Mitgliedes zutreffen:

  • Kein Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse und
  • das monatliche Gesamteinkommen übersteigt regelmäßig 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze
    • 2009: 4.050,00 € (1/12 von 48.600 €)
    • 2010: 4.162,50 € (1/12 von 49.950 €)
    • 2011: 4.125,00 € (1/12 von 49.500 €)
    • 2012: 4.237,50 € (1/12 von 50.850 €)
    • 2013: 4.350,00 € (1/12 von 52.200 €)
    • 2014: 4.462,50 € (1/12 von 53.550 €)
    • 2015: 4.575,00 € (1/12 von 54.900 €)
    • 2016: 4.687,50 € (1/12 von 56.250 €)
    • 2017: 4.800,00 € (1/12 von 57.600 €)
    • 2018: 4.950,00 € (1/12 von 59.400 €)
    • 2019: 5.062,50 € (1/12 von 60.750 €)
    • 2020: 5.212,50 € (1/12 von 62.550 €)
    • 2021: 5.362,50 € (1/12 von 64.350 €)
    • 2022: 5.362,50 € (1/12 von 64.350 €)
    • 2023: 5.550,00 € (1/12 von 66.600 €)
    • 2024: 5.775,00 € (1/12 von 69.300 €)
    und
  • das monatliche Gesamteinkommen ist regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds.

§ 10 Abs. 3 SGB V:

Kinder sind nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt.

Der Begriff des Gesamteinkommens wurde bislang in dem Gemeinsamen Rundschreiben der ehemaligen Spitzenverbände der Krankenkassen einschließlich deren Anlage in der Fassung vom 24. Oktober 2008 beschrieben. Durch die vielen gesetzlichen Änderungen der letzten Jahre war eine Überarbeitung des Gemeinsamen Rundschreibens erforderlich.
Die neuen Grundsätzlichen Hinweise zum Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen zur Familienversicherung wurden unter dem Datum vom 12. Juni 2019 bereitgestellt. Nach diesen Hinweisen soll grundsätzlich ab dem 1. Juli 2019 verfahren werden.

Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz ist das Merkmal des überwiegenden Unterhalts als weitere Voraussetzung für die Familienversicherung von Stief- und Enkelkindern durch das alternative Kriterium der Aufnahme des Stief- und Enkelkindes in den Haushalt des Mitglieds ergänzt worden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Damit wurde eine Überarbeitung der Grundsätzlichen Hinweise zur Feststellung der Haushaltsaufnahme sowie des überwiegenden Unterhalts im Rahmen der Familienversicherung für Stief- und Enkelkinder notwendig. Diese wurden unter dem Datum vom 12. Juni 2019 bereitgestellt.

Für die Prüfung muss auf die Jahresarbeitsentgeltgrenze abgestellt werden, die auch für die Beurteilung der Versicherungspflicht beziehungsweise Versicherungsfreiheit des nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Ehegatten beziehungsweise Lebenspartners maßgebend ist.

Eine gegen diese Praxis gerichtete Verfassungsbeschwerde einer Frau aus Niedersachsen wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, 1 BvR 429/11 vom 14.6.2011).
Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts können Ehepaare ihre Kinder auch künftig nicht beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichern lassen, wenn der Elternteil mit dem höheren Einkommen privat versichert ist.

Das Gericht räumte ein, das durch die maßgebliche Regelung des § 10 Abs. 3 SGB V verheiratete Paare gegenüber unverheirateten Paaren insoweit schlechter gestellt werden. Ein Ausgleich der Schlechterstellung findet zwar nicht im Krankenversicherungsrecht statt, jedoch wird der Ausschluss der Familienversicherung der Kinder über die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Krankenversicherungsbeiträgen der Kinder jedenfalls teilweise ausgeglichen. Diese Kompensation genügt nach Auffassung des Gerichts, um die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.

Probleme der Ermittlung des Gesamteinkommens bei Selbstständigen
In der Praxis ergeben sich stets Schwierigkeiten, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des Mitgliedes ein Gesamteinkommen als Selbstständiger erzielt.
Eine zeitnahe Ermittlung des Einkommens des Selbstständigen ist nicht möglich. Der Einkommensteuerbescheid liegt erst mit zeitlicher Verzögerung vor.
Die Ermittlung des Gesamteinkommens bei Selbstständigen erfolgt im Bereich der Familienversicherung grundsätzlich anhand des letzten aktuellen Einkommensteuerbescheides.
Abweichend vom Beitragsrecht der freiwilligen Krankenversicherung soll allerdings im Recht der Familienversicherung dem Einkommensteuerbescheid - aus Vereinfachungsgründen - generell vom Beginn des auf seine Ausstellung (Bescheiddatum) folgenden Monats eine entscheidungsrelevante Bedeutung beigemessen werden.
Grundsätzlich beginnt und endet ein Anspruch auf Familienversicherung, wenn die in § 10 SGB V geforderten Voraussetzungen vorliegen bzw. wegfallen. Damit kann ein Anspruch auf Familienversicherung auch rückwirkend enden, wenn die zuständige Krankenkasse über den Wegfall der Voraussetzungen erst zu einem späteren Zeitpunkt verständigt wird.
Nach Vorlage des nächsten Einkommensteuerbescheides ist eine Neubeurteilung des regelmäßigen Gesamteinkommens und damit der Familienversicherung durchzuführen.
Ergebnisniederschrift über die Sitzung der Fachkonferenz Beiträge vom 8. April 2014 - Dort Top 4 Nachweis des Arbeitseinkommens im Rahmen der Familienversicherung

Durchführung der Familienversicherung:

  • Die Familienversicherung beginnt an dem Tag, an dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Die Familienversicherung endet mit Ablauf des Tages, an dem ihre Voraussetzungen entfallen.
  • Das Vorliegen der Voraussetzungen hat die Krankenkasse festzustellen.
  • Die Krankenkasse hat turnusmäßig zu überprüfen, ob und für welche Familienangehörigen des Mitglieds die Voraussetzungen für die Durchführung der Familienversicherung bei ihr gegeben sind (Bestandspflege).
    Dazu verwendet die Krankenkasse einen Fragebogen zur Überprüfung der Familienversicherung.
  • Sofern das Vorliegen der Voraussetzungen der Familienversicherung auf Verlangen der Krankenkasse nicht nachgewiesen wird, ist die Familienversicherung zu beenden und das Versichertenverzeichnis für die nicht nachgewiesenen Versicherungszeiten zu berichtigen.

Meldeverfahren zur Durchführung der Familienversicherung

Im Zusammenhang mit der Feststellung der Voraussetzungen einer Familienversicherung trifft das Mitglied bestimmte Melde- und Nachweispflichten. Die Krankenkasse hat bestimmte Prüfpflichten.
§ 10 Abs. 6 SGB V:

Das Mitglied hat die nach den Absätzen 1 bis 4 Versicherten mit den für die Durchführung der Familienversicherung notwendigen Angaben sowie die Änderung dieser Angaben an die zuständige Krankenkasse zu melden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt für die Meldung nach Satz 1 ein einheitliches Verfahren und einheitliche Meldevordrucke fest.

Zur Überprüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung bei kurzfristigen Unterbrechungen der Familienversicherung gibt es in der Ergebnisniederschrift über die Sitzung der Fachkonferenz Beiträge vom 11. Juni 2013 wichtige Festlegungen.
Auszug:

Bei einem Wiederbeginn der Familienversicherung nach einer vorangegangenen Unterbrechung sind die Voraussetzungen zur Durchführung der Familienversicherung grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 der Fami-Meldegrundsätze festzustellen (Ersterhebung). Die Krankenkasse kann in diesen Fällen jedoch von der Feststellung im Rahmen der Ersterhebung absehen, wenn die Unterbrechung der Familienversicherung - in Anlehnung an den Zeitraum nachgehender Leistungsansprüche nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V - nicht mehr als einen Monat umfasst, kein zwischenzeitlicher Wechsel zu einer anderen Krankenkasse stattgefunden hat und der Krankenkasse keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, dass nach der Unterbrechung die Voraussetzungen für die Familienversicherung nicht weiter vorliegen. Ob der Grund der Unterbrechung der Familienversicherung in der Person des Stammversicherten oder des Familienangehörigen selbst liegt, ist hierbei ohne Bedeutung.

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