Entgeltbescheinigungsverordnung - Mindeststandard zur Ausstellung einer Entgeltbescheinigung


 

Aktuelles

Entgeltabrechnungen als elektronisches Dokument - Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf Gehaltsabrechnung in Papierform

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 28. Januar 2025 (9 AZR 48/24) Klarheit geschaffen.
Arbeitgeber dürfen Entgeltabrechnungen nur als elektronisches Dokument in einem passwortgeschützten digitalen Mitarbeiterpostfach bereitstellen. Wenn ein Arbeitnehmer keine Möglichkeit hat, online von zu Hause aus darauf zuzugreifen, muss der Arbeitgeber es ermöglichen, dass die Dokumente im Betrieb eingesehen und ausgedruckt werden können.
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts 3/25 vom 28. Januar 2025:

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung (GewO) bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Diese Verpflichtung kann er grundsätzlich auch dadurch erfüllen, dass er die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellt.
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Sofern für Beschäftigte keine Möglichkeit besteht, über ein privates Endgerät auf die im digitalen Mitarbeiterpostfach hinterlegten Dokumente zuzugreifen, hat der Arbeitgeber zu ermöglichen, die Dokumente im Betrieb einzusehen und auszudrucken.
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Erteilt der Arbeitgeber Entgeltabrechnungen, indem er diese in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstellt, wahrt er damit grundsätzlich die von § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO vorgeschriebene Textform. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abrechnung seines Entgelts ist eine sog. Holschuld, die der Arbeitgeber erfüllen kann, ohne für den Zugang der Abrechnung beim Arbeitnehmer verantwortlich zu sein. Es genügt, dass er die Abrechnung an einer elektronischen Ausgabestelle bereitstellt. Hierbei hat er den berechtigten Interessen der Beschäftigten, die privat nicht über die Möglichkeit eines Online-Zugriffs verfügen, Rechnung zu tragen.

Grundsätzliches

Die Entgeltbescheinigungsverordnung wurde auf der 904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012 angenommen. Die Verordnung ist am 1. Juli 2013 in Kraft getreten. Damit existieren endlich verbindliche Vorgaben des Inhalts und des Verfahrens einer Entgeltbescheinigung.

Bis dahin existierte nur eine Entgeltbescheinigungsrichtlinie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Da diese Richtlinie zur Erstellung einer Entgeltbescheinigung nicht allen Arbeitgebern als Maßstab für die Gestaltung der Bescheinigungen diente, wurde die Entgeltbescheinigungsverordnung erlassen. Die Entgeltbescheinigungsverordnung tritt an die Stelle der bisherigen Entgeltbescheinigungsrichtlinie.

Entgeltbescheinigungsverordnung ab 01.07.2013

Auf Grund des weiten Rahmens, den § 108 Absatz 1 der Gewerbeordnung hinsichtlich des Inhalts der Bescheinigung vorgibt, unterscheiden sich die Entgeltbescheinigungen in der Praxis zum Teil deutlich.
§ 108 Gewerbeordnung:

(1) Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Die Abrechnung muss mindestens Angaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
(2) Die Verpflichtung zur Abrechnung entfällt, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, das Nähere zum Inhalt und Verfahren einer Entgeltbescheinigung, die zu Zwecken nach dem Sozialgesetzbuch sowie zur Vorlage bei den Sozial- und Familiengerichten verwendet werden kann, durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Besoldungsmitteilungen für Beamte, Richter oder Soldaten, die inhaltlich der Entgeltbescheinigung nach Satz 1 entsprechen, können für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber zu anderen Zwecken eine weitere Entgeltbescheinigung verlangen, die sich auf die Angaben nach Absatz 1 beschränkt.

Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Jahr 2009 erlassene Richtlinie zur Erstellung einer Entgeltbescheinigung diente nicht allen Arbeitgebern als Maßstab für die Gestaltung der Bescheinigungen. Ziel ist es, eine normierte Entgeltbescheinigung zu erreichen. Damit sollen den Sozialleistungsträgern bundesweit einheitliche Angaben aus der Bescheinigung zur Verfügung stehen. Den Arbeitgebern wird ein Mindeststandard für die monatlich auszustellenden Entgeltbescheinigungen vorgegeben. Die Softwarehersteller erhalten damit einheitliche Vorgaben für die Programmierung der Bescheinigungssoftware.

Der Inhalt entspricht im Wesentlichen der bisherigen Richtlinie. Diese Verordnung ist am 1. Juli 2013 in Kraft getreten.


 

Verordnung zur Erstellung einer Entgeltbescheinigung nach § 108 Absatz 3 Satz 1 der Gewerbeordnung

Zum Inhalt der Entgeltbescheinigung legt der § 1 fest:

(1) Eine Entgeltbescheinigung nach § 108 Absatz 3 Satz 1 der Gewerbeordnung hat folgende Angaben zum Arbeitgeber und zur Arbeitnehmerin oder zum Arbeitnehmer zu enthalten:
  1. den Namen und die Anschrift des Arbeitgebers;
  2. den Namen, die Anschrift und das Geburtsdatum der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers;
  3. die Versicherungsnummer (§ 147 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers;
  4. das Datum des Beschäftigungsbeginns;
  5. bei Ende der Beschäftigung in der Bescheinigung für den letzten Abrechnungszeitraum das Datum des Beschäftigungsendes;
  6. den bescheinigten Abrechnungszeitraum sowie die Anzahl der darin enthaltenen Steuertage und Sozialversicherungstage;
  7. die Steuerklasse, gegebenenfalls einschließlich des gewählten Faktors, die Zahl der Kinderfreibeträge und die Merkmale für den Kirchensteuerabzug sowie gegebenenfalls Steuerfreibeträge oder Steuerhinzurechnungsbeträge nach Jahr und Monat sowie die Steuer-Identifikationsnummer;
  8. den Beitragsgruppenschlüssel und die zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag;
  9. gegebenenfalls die Angabe, dass ein Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhoben wird;
  10. gegebenenfalls die Angabe, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis im Übergangsbereich nach § 20 Absatz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch handelt;
  11. gegebenenfalls die Angabe, dass es sich um eine Mehrfachbeschäftigung handelt.
(2) In der Entgeltbescheinigung sind mindestens folgende Entgeltbestandteile der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers darzustellen:
  1. die Bezeichnung und der Betrag sämtlicher Bezüge und Abzüge, außer den Beiträgen und Arbeitgeberzuschüssen zu einer freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie dem Arbeitgeberanteil zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, einzeln nach Art aufgeführt und jeweils mit der Angabe, ob
    1. sie sich auf den steuerpflichtigen Arbeitslohn, das Sozialversicherungsbruttoentgelt und das Gesamtbruttoentgelt auswirken und
    2. es sich dabei um laufende oder einmalige Bezüge oder Abzüge handelt;
  2. der Saldo der Bezüge und Abzüge nach Nummer 1 als
    1. steuerpflichtiger Arbeitslohn, getrennt nach laufenden und sonstigen Bezügen und Abzügen,
    2. Sozialversicherungsbruttoentgelt, gegebenenfalls abweichend je Versicherungszweig und getrennt nach laufenden und einmaligen Bezügen und Abzügen,
    3. Gesamtbruttoentgelt ohne Trennung nach laufenden und einmaligen Bezügen und Abzügen,
    4. pauschal besteuerte Bezüge nach den §§ 37b, 40 Absatz 1 und 2, nach § 40a Absatz 2 und § 40b des Einkommensteuergesetzes jeweils nach ihrer gesetzlichen Grundlage getrennt, als sonstiges Pauschalsteuerbrutto alle weiteren pauschal besteuerten Bezüge;
  3. die gesetzlichen Abzüge vom steuerpflichtigen Arbeitslohn und Sozialversicherungsbruttoentgelt, getrennt nach laufendem und einmaligem Bruttoentgelt
    1. der Lohnsteuer, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlages und
    2. der Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, und Pflegeversicherung, zur Seemannskasse sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung;
  4. das Nettoentgelt als Differenz des Gesamtbruttoentgeltes nach Nummer 2 Buchstabe c und den gesetzlichen Abzügen nach Nummer 3;
  5. der Arbeitgeberzuschuss zu den Beiträgen zu einer freiwilligen oder privaten Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Arbeitgeberanteil zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und die Gesamtbeiträge für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer, für die der Arbeitgeber die Zahlungsvorgänge für die Beiträge freiwillig übernimmt;
  6. die Bezeichnung und der Betrag weiterer Bezüge und Abzüge sowie Verrechnungen und Einbehalte, je einzeln nach Art, die sich nicht auf ein Bruttoentgelt nach Nummer 2 auswirken oder aber zum Gesamtbruttoentgelt beitragen, jedoch nicht an die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer ausgezahlt werden;
  7. der Auszahlungsbetrag als Saldo aus dem Nettoentgelt nach Nummer 4 und den Beträgen nach den Nummern 5 und 6.
(3) Bei der Ermittlung des Gesamtbruttoentgeltes nach Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c wirken sich folgende Werte wie folgt aus:
  1. erhöhend die Werte für
    1. die Entgeltaufstockung nach dem Altersteilzeitgesetz,
    2. Nebenbezüge (geldwerte Vorteile, Sachbezüge, steuerpflichtige Bestandteile von sonstigen Personalnebenkosten, zum Beispiel Reisekosten, Umzugskosten, Trennungsgelder) sowie
    3. Arbeitgeberzuschüsse zu Entgeltersatzleistungen und
  2. mindernd die Werte für
    1. Arbeitgeberleistungen, die von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer übernommen wurden, beispielsweise die abgewälzte pauschale Lohnsteuer, sowie
    2. die Einstellung in ein Wertguthaben auf Veranlassung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und
  3. weder erhöhend noch mindernd die Werte für
    1. Entgeltumwandlungen im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes,
    2. Beiträge der Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zur Zukunftssicherung, im öffentlichen Dienst auch Umlagen und Sanierungsgelder.
(4) Die Entgeltbescheinigung ist als Bescheinigung nach § 108 Absatz 3 Satz 1 der Gewerbeordnung zu kennzeichnen.

Der Bundesrat hat in seiner 962. Sitzung am 24.11.2017 die Änderung der Entgeltbescheinigungsverordnung angenommen. § 1 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b der Entgeltbescheinigungsverordnung wurde neu gefasst. Vorher stand dort nur: "geldwerte Vorteile".

Der § 2 legt fest:

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten eine Entgeltbescheinigung nach § 1 in Textform für jeden Abrechnungszeitraum mit der Abrechnung des Entgeltes. Die Verpflichtung entfällt, wenn sich gegenüber dem letzten Abrechnungszeitraum keine Änderungen ergeben oder sich nur der Abrechnungszeitraums selbst (§ 1 Absatz 1 Nummer 6) ändert. Enthält eine Entgeltbescheinigung gegenüber der letzten Bescheinigung inhaltliche Änderungen, ist gegebenenfalls der Hinweis aufzunehmen, für welche Entgeltabrechnungszeiträume keine Bescheinigung ausgestellt wurde, da keine Veränderungen vorlagen, so dass ein durchgehender Nachweis möglich ist.
(1a) Die Angaben nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe d und Absatz 3 können jeweils für die einzelne Angabe als Anlage der Bescheinigung nach Absatz 1 angefügt werden.
(2) Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer können das Kirchensteuermerkmal in der Entgeltbescheinigung schwärzen.

Die AWV (Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V.) stellt im Rahmen des Arbeitskreises Bescheinigungswesen (AK 2.18) vereinheitlichte Bescheinigungen für verschiedene Bereiche der Lohn- und Gehaltsabrechnung zur Verfügung. Zudem steht allen Interessierten eine Kommentierung zur Entgeltbescheinigungsverordnung (EBV) und die dazugehörige Anlage "Fallbeispiele" zum Download bereit.


 

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