Abrechnung von Lohn- und Gehaltsempfängern - Grundsätzliche Informationen zur Kurzarbeit und zum Kurzarbeitergeld
Historisches
Die Kurzarbeit wurde im Kali-Bergbau zum ersten Mal praktiziert. Im Mai 1910 trat das Kali-Gesetz in Kraft. Es sollte die Auswirkungen der Krise dieser Branche mit der sogenannten Kurzarbeiterfürsorge bekämpfen.
Mit der "Verordnung über die Erwerbslosenunterstützung" vom Februar 1924 wurde die Kurzarbeiterunterstützung geschaffen.
Das eigentliche Kurzarbeitergeld gibt es in der heutigen Form mit dem "Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" vom 16.07.1927. Es stammt also aus den Zeiten der Weimarer Republik
und bewährte sich in der Wirtschaftskrise von 1929.
Grundsätze:
- Kurzarbeit ist die vorübergehende Herabsetzung der Arbeitszeit bei entsprechender Minderung des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmer. Wird die Arbeit insgesamt eingestellt, spricht man von Kurzarbeit Null. Diese Form der Kurzarbeit wurde zum Beispiel in den neuen Bundesländern nach der Währungsunion eingeführt, um soziale Härten in Betrieben zu überbrücken, die keine Aufträge mehr hatten.
- Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 oder 67 % der Nettoentgeltdifferenz (des ausgefallenen Nettolohns). Es entspricht damit in etwa dem Arbeitslosengeld I.
Während der Corona-Krise gab es eine befristete und gestaffelte Erhöhung des Kurzarbeitergeldes bis zum 30. Juni 2022. Es gab aber keine generelle Erhöhung des Kurzarbeitergeldes. Das Kurzarbeitergeld wurde ab dem 4. Monat des Bezugs nur erhöht, wenn die Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert war.
Berechnung des konjunkturellen Kurzarbeitergeld - Das Arbeitseinkommen ist nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung abgesichert. Da auch nur bis zu dieser Grenze Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bezahlt werden, ist der übersteigende Teil nicht abgesichert. Damit gibt es für diesen Teil des Gehaltsausfalls auch kein Kurzarbeitergeld.
- Kurzarbeitergeld wird nur für arbeitslosenversicherungspflichtige Arbeitnehmer. Kein Kurzarbeitergeld erhalten:
- Geringfügig entlohnt Beschäftigte
- Arbeitnehmer die eine unständige Beschäftigung berufsmäßig ausüben.
- Nach geltendem Recht sind Arbeitnehmer ab Erreichen der Regelaltersgrenze versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung.
- Geschäftsführer, die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind (Fremdgeschäftsführer, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, haben aber Anspruch auf Kurzarbeitergeld)
- Die Kurzarbeit ist damit ein Mischkonstrukt aus Arbeit und Arbeitslosigkeit.
- Der Arbeitgeber benötigt zur Einführung von Kurzarbeit eine rechtliche Grundlage. Die rechtliche Grundlage kann in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag vereinbart werden.
Beispiel: IG Metall Bezirk Baden-Württemberg Manteltarifvertrag 2017 (Fassung vom 23.05.2017)
Die Einführung von Kurzarbeit (Drittes Buch des Sozialgesetzbuches - SGB III) oder einer kürzeren als der tariflichen Arbeitszeit erfolgt mit Zustimmung des Betriebsrats.
Sie bedarf einer Ankündigungsfrist. Diese beträgt:
2 Wochen zum Wochenende - Existiert im Unternehmen kein Betriebsrat muss der Arbeitnehmer einverstanden sein. Eine einseitige Anordnung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber ist nicht möglich. Ist der Arbeitnehmer mit der
Kurzarbeit nicht einverstanden, kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Änderungskündigung aussprechen.
Im Urteil vom 22.10.2020 (11 Ca 2950/20) hat das Arbeitsgericht Stuttgart entschieden, dass eine fristlose Änderungskündigung zur Einführung der Kurzarbeit gerechtfertigt war (Gründe für eine gesonderte Zulassung der Berufung bestanden nicht).
Wenn der Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber angebotene Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit ablehnt, weil der Arbeitgeber nicht bereit ist, dem Arbeitnehmer über das Kurzarbeitergeld hinaus vollen Lohnausgleich zu zahlen, so ist eine Kündigung rechtmäßig. Sie verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil v. 18.03.2021 - 4 Sa 413/20).
Wenn der Arbeitgeber keine Änderungskündigung ausspricht, ist der Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, wie bisher. - Eine gesetzlich vorgeschriebene Ankündigungsfrist für Kurzarbeit existiert nicht. In vielen Tarifverträgen gibt es aber Ankündigungsfristen für Kurzarbeit (häufig 2 bis 3 Wochen).
- Kurzarbeit muss nicht im gesamten Unternehmen eingeführt werden, sie ist auch nur in einzelnen Teilen des Betriebs möglich.
- Für gesetzliche Feiertage hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, sondern auf Feiertagslohn (Sonderregelung im Entgeltfortzahlungsgesetz).
- Kurzarbeitergeld wird nur gewährt, wenn
- nach Beginn des Arbeitsausfalls eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung fortgesetzt wird und
- das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst wurde.
- Durch Kurzarbeit werden die Arbeitslosengeld-Ansprüche nicht verbraucht. Wer Kurzarbeitergeld bezieht, erwirbt neue Ansprüche auf die Versicherungsleistung der Arbeitsagenturen. Es wird jedoch das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, das ohne Arbeitsausfall aber auch ohne Mehrarbeit erzielt worden wäre. Wer also vor der Kurzarbeit im Unternehmen viele Überstunden geleistet hat, hätte im Falle von Arbeitslosigkeit diese beim Arbeitslosengeld berücksichtigt bekommen. Nach einer längeren Phase von Kurzarbeit rutschen die Überstunden aber irgendwann aus der Durchschnittsberechnung für das Arbeitslosengeld raus.
- Die Mitgliedschaft der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt erhalten, solange Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Auch in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt das Versicherungsverhältnis unverändert bestehen, solange Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht.
- Für die Ausfallstunden werden die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach einem fiktiven Arbeitsentgelt berechnet. In der Arbeitslosenversicherung ist es beitragsfrei.
Die Beiträge trägt der Arbeitgeber allein.
Für den Zeitraum von 2009 bis 2011 gibt es verschiedene Erstattungsregelungen (bedingt durch mehrere gesetzliche Änderungen).
Vom 1. März 2020 bis zum bis 31.03.2021 gibt es verschiedene Erstattungsregelungen (bedingt durch mehrere gesetzliche Änderungen).
Ab 01. Januar 2022 werden den Arbeitgebern weitere 50 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge erstattet, wenn ihre Beschäftigten während der Kurzarbeit an einer unter bestimmten Voraussetzungen geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen.
Für die Ausfallstunden hat also der Arbeitnehmer keine Beiträge zu tragen. Für das neben dem Kurzarbeitergeld tatsächlich erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge nach den normalen Grundsätzen.
Unter dem Punkt Behandlung des Kurzarbeitergeldes in der Sozialversicherung erfolgt eine ausführliche Betrachtung.
Durch das Gesetz zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung (vom 24.04.2006) ist das Winterausfallgeld (früher Schlechtwettergeld) durch das Saison-Kurzarbeitergeld ersetzt worden. Damit ergeben sich folgende Formen des Kurzarbeitergeldes:
- Konjunkturelles Kurzarbeitergeld
Konjunkturelles Kurzarbeitergeld wird gewährt, wenn in Betrieben oder Betriebsabteilungen die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unabwendbaren Ereignisses vorübergehend verkürzt wird.
Berechnung Konjunkturelles Kurzarbeitergeld (das frühere Kurzarbeitergeld oder auch Kug) - Saisonkurzarbeitergeld
Das Saison-Kurzarbeitergeld soll Arbeitslosigkeit bei saisonalen Arbeitsausfällen wie witterungsbedingtem Arbeitsausfall oder wirtschaftlichen Ursachen (Auftragsmangel) für Arbeitnehmer des Baugewerbes vermeiden. - Transferkurzarbeitergeld
Mit der Gewährung von Transferkurzarbeitergeld sollen bei betrieblichen Restrukturierungsmaßnahmen (Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz) Entlassungen vermieden werden.
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