Gesetzlicher Mindestlohn - Mindestlohngesetz

Aktuelles

Keine einseitige Umstellung von Urlaubsgeld auf monatliche Zahlungen damit der Mindestlohn erreicht wird - Urteil des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 11.01.2024 (3 Sa 4/23)
Leitsatz des Urteils:

Die Zweifelsregelung in § 271 Abs. 2 BGB gestattet es einem Arbeitgeber nicht, eine dem Arbeitnehmer bisher zustehende jährliche Einmalzahlung wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kraft einseitiger Entscheidung stattdessen in anteilig umgelegten monatlichen Teilbeträgen zu gewähren, um sie pro rata temporis auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen zu können.

Aufgrund der jahrelang vom Arbeitnehmer akzeptierten Zahlung in zwei Einmalbeträgen haben die Parteien eine Leistungszeit nach § 271 Abs. 1 BGB bestimmt. Das Unternehmen kann sich nicht auf § 271 Abs. 2 BGB berufen, wonach der Schuldner "im Zweifel" auch früher zahlen kann.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht für den Arbeitgeber zugelassen.


Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 01.01.2024 auf 12,41 Euro und zum 01.01.2025 auf 12,82 Euro.
Die Mindestlohnkommission hat in ihrer Sitzung vom 26. Juni 2023 mit Mehrheit, aber gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite einen Vermittlungsvorschlag der Vorsitzenden beschlossen.
Die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung wurde am 29.11.2023 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Anpassungsschritte beim Mindestlohn
Es gab auch Änderungen der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (am 19.12.2023 im Bundesgesetzblatt verkündet).

Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns hat auch Auswirkungen auf die Geringfügigkeitsgrenze.
Diese steigt ab 01.01.2024 auf 538 Euro (Informationen zum 538-Euro-Job).
Ab 01.01.2025 sind es dann 556 Euro (Informationen zum 556-Euro-Job).
Es ergeben sich auch Auswirkungen auf den Übergangsbereich (früher Gleitzone).


Der gesetzliche Mindestlohn steigt am 1. Oktober 2022 auf 12 Euro.
Das Gesetz wurde am 30.06.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.
Die Mindestlohnkommission wird über künftige weitere Anpassungen des Mindestlohns befinden, nächstmalig im Sommer 2023 mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Danach hat die Mindestlohnkommission alle zwei Jahre über Anpassungen der Höhe des Mindestlohns zu beschließen.

Es gab auch Änderungen der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung.

Im Entwurf eines Zweiten Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung befand sich im Artikel 6 auch eine Änderung des Mindestlohngesetzes.
Die nach § 17 Absatz 1 Mindestlohngesetz bestehende Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung sollte dahingehend modifiziert werden, dass künftig der Beginn der täglichen Arbeitszeit jeweils unmittelbar bei Arbeitsaufnahme sowie Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch und manipulationssicher aufzuzeichnen und elektronisch aufzubewahren sind.
Diese Regelung ist entfallen. Die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung wird damit nicht verschärft. Es ging um die in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Branchen. Nach Protesten aus dem Baugewerbe ist diese Verschärfung vom Tisch.


Mindestlohn nicht gegen Insolvenzanfechtung gesichert - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2022 (6 AZR 497/21)


Ausländische Pflegekräfte bekommen den Mindestlohn auch für Bereitschaftsdienst - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Juni 2021 (5 AZR 505/20)


Der Bundesfinanzhof hat am 18. August 2020 (veröffentlicht am 29.04.2021) in drei Urteilen die Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes auf ausländische Transportunternehmen bestätigt.


Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz-MiLoG)

  • Einführung ab dem 1. Januar 2015 mit brutto 8,50 Euro je Zeitstunde
    Der Bundesrat hat dem Tarifautonomiestärkungsgesetz am 11. Juli 2014 (924. Sitzung des Bundesrates) zugestimmt. Das Gesetz wurde am 15.08.2014 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der Artikel 1 beinhaltet das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz-MiLoG). Das Gesetz führte einen allgemeinen Mindestlohn in Deutschland ein.
    Der Bundesrat hatte sich aber schon davor mit der Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes beschäftigt (chronologischer Überblick).
    Die Höhe des Mindestlohns wurde ab dem 1. Januar 2015 auf brutto 8,50 Euro je Zeitstunde festgesetzt.
    Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Der Mindestlohn gilt auch für geringfügig Beschäftigte.
    Der Mindestlohn muss auch angestellten Ehefrauen und anderen angestellten Familienangehörigen gezahlt werden.
    Nur in Bereichen, wo Branchenverträge repräsentativer Tarifpartner existieren, die weniger als 8,50 Euro vorsehen, behalten diese auch nach dem 1. Januar 2015 ihre Gültigkeit. Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind. Ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen (§ 24 Abs. 1 MiLoG). Ab 01.01.2018 gilt das gesetzliche Mindestlohnniveau uneingeschränkt.
    Höhere Branchenmindestlöhne gehen aber immer vor.
     
  • 1. Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde
    Die Mindestlohnkommission hat am 28. Juni 2016 den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde festgesetzt (Erster Beschluss der Mindestlohnkommission vom 28.06.2016).
    Die Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns wurde am 18. November 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
     
  • 2. Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro und zum 1. Januar 2020 auf 9,35 Euro brutto je Zeitstunde
    Am 26. Juni 2018 hat die Mindestlohnkommission ihren Zweiten Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gefasst sowie den Zweiten Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt. Der Beschluss der Mindestlohnkommission sieht einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 9,19 Euro brutto je Zeitstunde mit Wirkung zum 1. Januar 2019 und von 9,35 Euro brutto je Zeitstunde mit Wirkung zum 1. Januar 2020 vor.
    Die zweite Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns wurde am 20. November 2018 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
     
  • 3. Erhöhung des Mindestlohns ab 1. Januar 2021 in vier Stufen von 9,35 Euro auf 10,45 Euro
    Am 30. Juni 2020 hat die Mindestlohnkommission ihren Dritten Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gefasst sowie den Dritten Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt.
    Das Bundeskabinett hatte am 28. Oktober 2020 die vom Bundesminister für Arbeit und Soziales vorgelegte Dritte Verordnung zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns beschlossen. Die Entscheidung des Bundeskabinetts beruht auf der Empfehlung der Mindestlohnkommission. Diese hatte am 30. Juni 2020 einstimmig die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohnes vorgeschlagen.
    Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 13. November 2020 gilt die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung.
    Die Erhöhungsschritte lauten im Detail:
    • ab 01.01.2021 gelten 9,50 Euro brutto je Zeitstunde
    • ab 01.07.2021 gelten 9,60 Euro brutto je Zeitstunde
    • ab 01.01.2022 gelten 9,82 Euro brutto je Zeitstunde
    • ab 01.07.2022 gelten 10,45 Euro brutto je Zeitstunde

  • 4. Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 auf 12,00 Euro durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung
    Durch die Anhebung des Mindestlohns von 10,45 Euro auf 12 Euro brutto je Zeitstunde durch den Deutschen Bundestag im Oktober 2022 wurde das regelmäßige Anpassungsverfahren durch die Mindestlohnkommission nach § 9 MiLoG vorübergehend ausgesetzt.
    Das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung wurde am 30. Juni 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
     
  • 5. Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2024 auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf 12,82 Euro brutto je Zeitstunde
    Am 26. Juni 2023 hat die Mindestlohnkommission ihren Vierten Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gefasst sowie den Vierten Bericht zu den Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt.
    Das Bundeskabinett hat am 15. November 2023 die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen. Die Verordnung zur Anhebung des Mindestlohns setzt den Beschluss der Mindestlohnkommission vom 26. Juni 2023 rechtsverbindlich um.
    Die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung wurde am 29.11.2023 im Bundesgesetzblatt verkündet.
    Vierter Beschluss und Vierter Bericht der Mindestlohnkommission (2023)

Zur Zahlung des Mindestlohns für ihre im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet.

Für die Prüfung der Zahlung des Mindestlohnes sowie für die Ahndung von Mindestlohnverstößen ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (Behörde der Zollverwaltung) zuständig. Hinweise zu Mindestlohnverstößen werden von dem zuständigen Hauptzollamt entgegengenommen. Die Mindestlohn-Hotline (030/60 28 00 28; Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr) nimmt ebenfalls Meldungen von Verstößen entgegen. Der Mindestlohnanspruch muss beim zuständigen Arbeitsgericht eingeklagt werden. Das Gesetz sieht für einen Verstoß gegen die Zahlung des Mindestlohns eine Geldbuße bis zu 500.000 Euro vor.

Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) nimmt Bereitschaftszeiten nicht explizit aus. Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind daher mit dem Mindestlohn zu vergüten, soweit sie nach der Rechtsprechung als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen sind.

Das Mindestentgelt für die Pflegebranche ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19. November 2014 (5 AZR 1101/12) entschieden. Die Auswirkungen der Entscheidung wurden jedoch mit Inkrafttreten der 2. PflegeArbbV am 1. Januar 2015 deutlich relativiert.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 29. Juni 2016 (5 AZR 716/15) entschieden, inwieweit für Bereitschaftsdienst der Mindestlohn zu bezahlen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass das Mindestlohngesetz, nicht zwischen regulärer Arbeitszeit und den Bereitschaftszeitstunden differenziert.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 33/16 des Bundesarbeitsgerichts:

Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen. Zur vergütungspflichtigen Arbeit rechnen auch Bereitschaftszeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort - innerhalb oder außerhalb des Betriebs - bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen.

Mindestlohn gilt auch für Standzeiten bei Taxifahrern
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 30. August 2018 (26 Sa 1151/17) entschieden, dass ein Taxiunternehmen von einem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Taxifahrer nicht verlangen kann, während des Wartens auf Fahrgäste alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 16/18 vom 04.09.2018:

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat wie bereits das Arbeitsgericht einen Anspruch auf den Mindestlohn auch für Standzeiten ohne Betätigung der Signaltaste bejaht. Bei den Standzeiten handle es sich um vergütungspflichtige Bereitschaftszeiten, das unterbliebene Betätigen des Signalknopfes stehe der Vergütungspflicht nicht entgegen. Die Weisung, einen solchen Signalknopf zur Bestätigung der Arbeitsbereitschaft alle drei Minuten zu drücken, sei nicht durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers gedeckt und in Abwägung der beiderseitigen Belange unverhältnismäßig. Dass es sich hier bei den nicht erfassten Standzeiten nicht um Pausenzeiten handeln könne, werde auch an der Verteilung der Zeiten deutlich. Bei einer Zeit von knapp zwölf Stunden zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende entsprächen als Arbeitszeit erfasste Standzeiten von elf Minuten, wie sie hier beispielsweise angefallen sind, nicht den Arbeitsabläufen im Taxigewerbe.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.

Unterteilung der Bereitschaftsdienste

Ausnahmen beim Mindestlohn

Es gibt insgesamt 7 Ausnahmeregelungen.
Der § 22 Mindestlohngesetz beinhaltet davon 5 Ausnahmen:

(1) Dieses Gesetz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des § 26 des Berufsbildungsgesetzes gelten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, es sei denn, dass sie
  1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,
  2. ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,
  3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder
  4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.
Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
(2) Personen im Sinne von § 2 Absatz 1 und 2 des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes.
(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen.
(4) Für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch waren, gilt der Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung nicht. Die Bundesregierung hat den gesetzgebenden Körperschaften zum 1. Juni 2016 darüber zu berichten, inwieweit die Regelung nach Satz 1 die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gefördert hat, und eine Einschätzung darüber abzugeben, ob diese Regelung fortbestehen soll.

Damit haben wir folgende 5 Ausnahmeregelungen:

  1. Praktikanten
    In folgenden Fällen ist kein Mindestlohn fällig:
    • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie,
    • Es handelt sich um ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums.
    • Die Praktikantinnen und Praktikanten leisten ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
    • Es handelt sich um eine Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder um eine Berufsausbildungsvorbereitung nach den §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes.
    Mindestlohn und Praktikum
    Das Bundesarbeitsministerium hat eine Broschüre über den Mindestlohn für Studierende veröffentlicht.
  2. Kinder und Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung (§ 22 Abs. 2 Mindestlohngesetz betrifft Jugendliche, welche noch nicht 18 Jahre alt sind.)
  3. Zur Berufsausbildung beschäftigte Personen (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz)
    Das Mindestlohngesetz gilt nicht für Auszubildende, da sie keine Arbeitsverträge, sondern Ausbildungsverträge abschließen.
  4. Ehrenamtlich Tätige (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz)
    Dazu zählen auch Personen, die einen Freiwilligendienst leisten.
  5. Langzeitarbeitslose (§ 22 Abs. 4 Mindestlohngesetz)
    Dazu zählen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unmittelbar vor der Beschäftigung ein Jahr oder länger arbeitslos gemeldet waren (Langzeitarbeitslose nach § 18 Abs. 1 SGB III). Für diese gilt der gesetzliche Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der neuen Beschäftigung nicht.

Das Mindestlohngesetz gilt nicht für Auszubildende, da sie keine Arbeitsverträge, sondern Ausbildungsverträge abschließen (§ 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz). Damit gilt der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn nicht für die Höhe der Ausbilungsvergütung.
Für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab dem 1. Januar 2020 gilt erstmals die neue Mindestausbildungsvergütung. Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung wurde am 17.12.2019 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Mit der gesetzlichen Verankerung einer Mindestvergütung im BBiG sollen Auszubildende in Zeiten sinkender Tarifbindung besser vor unangemessenen Vergütungen geschützt werden. Grundsätzlich bleiben dabei auch in Zukunft die in Tarifverträgen vereinbarten Vergütungen maßgeblich für die Bestimmung der Angemessenheit.

Die 6. Ausnahmeregelung betraf eine befristete Sonderregelung für die Zeitungszustellung

Der neu aufgenommene Absatz 2 im § 24 Mindestlohngesetz beinhaltet eine Sonderregelung für die Zeitungszustellung (§ 24 ist mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft getreten):

(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.

Damit galten folgende Beträge:

Zeitraum Mindestlohn für die Zeitungszustellung
01.01.2015 - 31.12.2015 6,38 € (75% von 8,50 €)
01.01.2016 - 31.12.2016 7,23 € (85% von 8,50 €)
01.01.2017 - 31.12.2017 8,50 €
01.01.2018 - Es gilt der gesetzliche Mindestlohn (§ 24 Mindestlohngesetz ist mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft getreten)

Die erstmalige Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum 01.01.2017 auf 8,84 Euro gilt für diese Gruppe erst ab dem 1. Januar 2018.

Der § 24 Mindestlohngesetz wurde am 01.01.2018 aufgehoben.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Übergangsregelung bestätigt (Urteil vom 25. April 2018; 5 AZR 25/17).
Leitsätze des Urteils:

1. Die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller unter den dort genannten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2017 einen abgesenkten Mindestlohn vorgesehen hat, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
2. Erfolgt die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, haben Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

Die 7. Ausnahmeregelung betrifft hauptsächlich Saisonarbeiter und Erntehelfer; grundsätzlich aber alle kurzfristig Beschäftigten

Für Saisonarbeiter und Erntehelfer gab es keine generelle Ausnahme.
Die Tarifvertragsparteien waren aufgefordert, einen Tarifvertrag mit einer stufenweisen Heranführung der Entlohnungsbedingungen an den gesetzlichen Mindestlohn auszuhandeln. Am 24.07.2014 wurde erstmalig ein Mindestlohn für den Agrarsektor (Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau) vereinbart. Er wurde von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und dem Gesamtverband der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) sowie der Arbeitsgemeinschaft der gärtnerischen Arbeitgeberverbände (AgA) angenommen.
In der untersten Lohngruppe, in die die Saisonarbeiter fallen, ist ab 01.01.2015 ein Bruttostundenlohn von 7,40 Euro in den alten Ländern und von 7,20 Euro in den neuen Ländern zu zahlen. Der Mindestlohn wurde in vier Schritten bis Ende 2017 auf 9,10 Euro pro Stunde angehoben.
Der Branchentarifvertrag Mindestentgelt für die Land- und Forstwirtschaft sowie den Gartenbau ermöglichte damit während einer dreijährigen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2017 eine gleitende Heranführung an den gesetzlichen Mindestlohn.
Seit dem 1. Januar 2018 ist für alle Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft und im Gartenbau mindestens der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.

Für die Dauer von vier Jahren wurde die Möglichkeit der sozialversicherungsfreien kurzfristigen Beschäftigung von 50 auf 70 Tage ausgeweitet.
Diese befristete Sonderregelung wird ab 01.01.2019 aber dauerhaft (Gesetzesänderung: § 8 Abs.1 Nr.2 SGB IV).

Kein Mindestlohn für Vertragsamateure

Bei den sog. Vertragsamateuren handelt es sich um Mitglieder von Vereinen, die eine geringe Bezahlung für ihre Spieltätigkeit erhalten und in der Regel als Mini-Jobber angemeldet sind.

Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 23.02.2015:

Grundsätzlich gilt der Mindestlohn für alle Arbeitnehmer. In der Regel ist eine Anmeldung zum Minijob mit der Arbeitnehmereigenschaft verbunden, sodass der Mindestlohn zu zahlen ist. Die Koalitionsfraktionen und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben im Bundestag während des Gesetzgebungsprozesses jedoch das gemeinsame Verständnis zum Ausdruck gebracht, dass Vertragsamateure nicht unter das Mindestlohngesetz fallen sollen. Das zeitliche und persönliche Engagement dieser Sportler zeige, dass nicht die finanzielle Gegenleistung, sondern die Förderung des Vereinszwecks und der Spaß am Sport im Vordergrund stehen. Somit ist davon auszugehen, dass es sich trotz Mini-Job nicht um ein Arbeitnehmerverhältnis handelt und der Mindestlohn keine Anwendung findet.

Mindestlohn im reinen Transitverkehr

Interimslösung ab 2015 - EU-Kommission hat am 21.01.2015 ein sogenanntes Pilotverfahren eingeleitet

Für ausländische Lkw-Fahrer, die durch Deutschland fahren, gilt der Mindestlohn vorerst nicht mehr. Die Mindestlohnregelung werde bis zur Klärung europarechtlicher Fragen ausgesetzt. Für Lkw, die in Deutschland be- und entladen werden, gilt aber der Mindestlohn.

Ob die Anwendung des Mindestlohns auf den reinen Transit durch Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist, wird durch ein sogenanntes Pilotverfahren geklärt. Dieses hat die EU-Kommission am 21.01.2015 eingeleitet.

Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 30.01.2015:

Die Kontrollen durch die staatlichen Behörden zur Überprüfung des Mindestlohngesetzes - begrenzt auf den Bereich des reinen Transits - werden für den Zeitraum bis zur Klärung der europarechtlichen Fragen zur Anwendung des Mindestlohngesetzes auf den Verkehrsbereich ausgesetzt. Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Mindestlohngesetz werden nicht eingeleitet. Sollten Verfahren eventuell bereits eingeleitet worden sein, werden diese eingestellt. Solange die europarechtlichen Fragen zur Anwendung des Mindestlohngesetzes auf den Verkehrsbereich geprüft werden, sind Meldungen bzw. Einsatzplanungen für den reinen Transitbereich sowie Aufzeichnungen auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes bzw. der entsprechenden Verordnungen nicht abzugeben bzw. zu erstellen.

Diese Aussetzung gilt jedoch nicht für den Bereich der sogenannten Kabotagebeförderung und nicht für den grenzüberschreitenden Straßenverkehr mit Be- oder Entladung in Deutschland. Diese Übergangslösung gilt so lange, bis die europarechtlichen Fragen bezogen auf die Anwendung des Mindestlohns im Transitbereich geklärt sind.

Zoll: Aussetzung der Kontrolle und Ahndung von Verstößen

Die Kontrollen sowie die Ahndung von Verstößen gegen das Mindestlohngesetz durch die Behörden der Zollverwaltung zur Überprüfung des Mindestlohngesetzes werden - begrenzt auf den Bereich des reinen Transits - ausgesetzt.
Die Übergangslösung für den Transitverkehr umfasst alle Verkehrsträger bzw. Verkehre mit Start- und Zielort außerhalb Deutschlands, die Deutschland durchqueren, ohne dabei in Deutschland Waren auf- oder abzuladen bzw. Passagiere aufzunehmen oder abzusetzen. Fahrtunterbrechungen zu anderen Zwecken, wie z.B. zum Tanken oder zum Einlegen von Ruhepausen für Fahrer oder Passagiere stehen der Annahme eines Transits nicht entgegen. Die Übergangsregelung gilt gleichermaßen für Unternehmen mit Sitz in einem EU- oder einem Drittstaat.

FG Berlin-Brandenburg: Mindestlohn gilt auch für Fahrer ausländischer Speditionen - Bundesfinanzhof bestätigt Urteil (18. August 2020, VII R 12/19)

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit zwei Urteilen vom 16. Januar 2019 (Aktenzeichen 1 K 1161/17 und 1 K 1174/17) Klagen polnischer Speditionen gegen die Geltung des Mindestlohngesetzes zurückgewiesen und damit zugleich die Kontrollbefugnisse der Zollbehörden gegenüber nur vorübergehend im Inland tätigen Transportunternehmen bestätigt.
Das Mindestlohngesetz ordnet an, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. Die umstrittene Frage, ob das auch dann gilt, wenn die Tätigkeit im Inland nur kurze Zeit andauert, wie das bei ausländischen Fernfahrern der Fall sein kann, bejahten die Cottbuser Richter. Aus ihrer Sicht verstößt die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns weder gegen Europarecht noch gegen Verfassungsrecht.
(Quelle: Pressemitteilung Nr. 01/2019 des Finanzgericht Berlin-Brandenburg).
Übertragung von Prüfungsbefugnissen nach dem Mindestlohngesetz auf die Zollverwaltung - Anwendbarkeit des Mindestlohngesetz auf ausländische Transportunternehmen

Haftung des Auftraggebers

Der § 13 des Mindestlohngesetzes enthält:
"§ 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung."

§ 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes:

Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtungen dieses Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Das Mindestentgelt im Sinne des Satzes 1 umfasst nur den Betrag, der nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung an Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen auszuzahlen ist (Nettoentgelt).

Erstellen und Bereithalten von Dokumenten

Der § 17 des Mindestlohngesetzes enthält umfangreiche Dokumentationspflichten für geringfügig entlohnte Beschäftigungen und Kurzfristige Beschäftigungen sowie für Branchen nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes:

  • Der Arbeitgeber hat Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren.
    Das gilt entsprechend für einen Entleiher, dem ein Verleiher Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einem der in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftszweige überlässt. Es gilt nicht für geringfügig entlohnte Beschäftigungen und kurzfristige Beschäftigungen.
  • Geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten werden von der Verpflichtung ausgenommen.
  • Die Arbeitgeber haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereit zuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

Branchen nach § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes sind:

  • Baugewerbe,
  • Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • Personenbeförderungsgewerbe,
  • Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
  • Schaustellergewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  • Fleischwirtschaft,
  • Prostitutionsgewerbe (ab dem 01.07.2017) und
  • das Wach- und Sicherheitsgewerbe (ab dem 18.07.2019).

Ausnahmen von den Dokumentationspflichten in § 1 der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung
Die Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung nimmt diejenigen Arbeitnehmer von den Melde- und Dokumentationspflichten nach §§ 16, 17 Mindestlohngesetz aus, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt bestimmte Bruttobeträge überschreitet.

01.01.2015 bis 30.09.2022 01.10.2022 bis 31.12.2023 01.01.2024 bis 31.12.2024 ab 01.01.2025

Die Dokumentations­pflicht in diesen Branchen gilt nicht für Beschäftigte, die regelmäßig monatlich mehr als 2.958 Euro verdienen. Dazu wurde die "Verordnung zu den Dokumentations­pflichten nach den §§ 16 und 17 des Mindestlohn­gesetzes in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmer­gruppen" erlassen (Diese Verordnung ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten).

Die Grenze von 2.958 Euro errechnet sich so:
12 Stunden tägliche Arbeitszeit x 29 Arbeitstage monatlich (inklusive zulässige Nutzung von Sonntagsarbeit)
= 348 Stunden (maximale Arbeits­stunden monatlich; Ausnahme­genehmigung der Arbeits­schutzbehörde und mögliche Sonntags­arbeit)

Diese 348 Stunden multipliziert mit dem ersten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ergibt 2.958 Euro (Plausibilitäts­prüfung; Quelle: Informationen der Regional­träger der Deutschen Renten­versicherung).

Die Einkommens­schwelle von 2.958 Euro wurde dahingehend ergänzt, dass die Aufzeichnungs­pflicht nach dem Mindestlohn­gesetz bereits dann entfällt, wenn das verstetigte regelmäßige Monats­entgelt mehr als 2.000 Euro brutto beträgt und dieses Monats­entgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde.
Bei der Beschäftigung von engen Familien­angehörigen sind die Aufzeichnungs­pflichten nicht mehr anzuwenden. Darunter fallen Ehegatten, eingetragene Lebens­partner, Kinder und Eltern des Arbeit­gebers.

Die Dokumentations­pflicht in diesen Branchen gilt nicht für Beschäftigte, deren verstetigtes regelmäßiges Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 4.176 Euro überschreitet.
Auszug aus der Begründung zum Gesetz­entwurf:

Der Wert entspricht der Brutto­lohnsumme, die einem Arbeit­nehmer oder einer Arbeit­nehmerin für 348 geleistete Arbeits­stunden nach dem Mindestlohn­gesetz zustünde. Damit wird für den Schwellenwert nach Absatz 1 Satz 1 die nach dem Arbeitszeit­gesetz maximal pro Monat zulässige Arbeits­stundenzahl zugrunde gelegt. Dies sind im Fall einer Ausnahme­genehmigung der Arbeitsschutz­behörde täglich zwölf Stunden und - unter zulässiger Nutzung von Sonntags­arbeit - 29 Tagen pro Monat, sodass insgesamt maximal 348 Arbeits­stunden je Monat geleistet werden könnten.

348 Arbeits­stunden wären ab 01.10.2022 bei 12 Euro Mindestlohn 4.176 Euro.

Ebenfalls erhöht wird der Schwellen­wert, der für den Fall gilt, dass der Arbeit­geber das verstetigte Monats­entgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat. Danach bestehen keine Dokumentations­pflichten, wenn das verstetigte regelmäßige Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 2.784 Euro überschreitet.
Auszug aus der Begründung zum Gesetz­entwurf:

Der Wert entspricht der Brutto­lohnsumme, die einem Arbeit­nehmer oder einer Arbeit­nehmerin für 232 geleistete Arbeits­stunden nach dem Mindestlohn­gesetz zustünde. Dies entspricht - orientiert an der Vorgänger­regelung - zwei Drittel des Schwellen­wertes des Absatz 1 Satz 1.

232 Arbeitsstunden wären ab 01.10.2022 bei 12 Euro Mindestlohn 2.784 Euro.

Die Dokumentations­pflicht in diesen Branchen gilt nicht für Beschäftigte, deren verstetigtes regelmäßiges Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 4.319 Euro überschreitet.
Ausgangs­punkt bleiben die maximal möglichen 348 Arbeits­stunden je Monat.

348 Arbeits­stunden wären ab 01.01.2024 bei 12,41 Euro Mindest­lohn 4.318,68 Euro (gerundet 4.319 Euro).

Ebenfalls erhöht wird der Schwellen­wert, der für den Fall gilt, dass der Arbeit­geber das verstetigte Monats­entgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat. Danach bestehen keine Dokumentations­pflichten, wenn das verstetigte regelmäßige Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 2.879 Euro überschreitet.
Ausgangs­punkt bleiben zwei Drittel des Schwellen­wertes des Absatz 1 Satz 1. Das sind 232 Arbeits­stunden (zwei Drittel von 348).

232 Arbeits­stunden wären ab 01.01.2024 bei 12,41 Euro Mindest­lohn 2.879,12 Euro (gerundet 2.879 Euro).

Die Dokumentations­pflicht in diesen Branchen gilt nicht für Beschäftigte, deren verstetigtes regelmäßiges Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 4.461 Euro überschreitet.
Ausgangs­punkt bleiben die maximal möglichen 348 Arbeits­stunden je Monat.

348 Arbeits­stunden wären ab 01.01.2025 bei 12,82 Euro Mindest­lohn 4.461,36 Euro (gerundet 4.461 Euro).

Ebenfalls erhöht wird der Schwellen­wert, der für den Fall gilt, dass der Arbeit­geber das verstetigte Monats­entgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat. Danach bestehen keine Dokumentations­pflichten, wenn das verstetigte regelmäßige Bruttomonats­entgelt einen Betrag von 2.974 Euro überschreitet.
Ausgangs­punkt bleiben zwei Drittel des Schwellen­wertes des Absatz 1 Satz 1. Das sind 232 Arbeits­stunden (zwei Drittel von 348).

232 Arbeits­stunden wären ab 01.01.2025 bei 12,82 Euro Mindest­lohn 2.974,24 Euro (gerundet 2.974 Euro).

Nach § 21 des Mindestlohngesetzes handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig:

  • eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht mindestens zwei Jahre aufbewahrt,
  • eine Unterlage nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise bereithält.

Diese Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden.

Wenn der Arbeitgeber den gültigen Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt, muss er mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro rechnen.

Monatslohn und Wochenarbeitszeit

Die Vereinbarung von Monatslohn und Wochenarbeitszeit ist zulässig, wenn die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in Höhe des Mindestlohns vergütet werden.

Es werden die verstetigten Arbeitsstunden pro Monat errechnet. Dazu wird die Wochenarbeitszeit mit 52 multipliziert und die sich ergebende Jahresarbeitszeit durch 12 dividiert. An verschiedenen Stellen finden sie als allein gültige Vorschrift zur Berechnung die Multiplikation mit 13 (anstelle von 52) und die anschließende Division durch 3 (anstelle von 12). Hier wurden beide Werte nur gekürzt (Division durch 4). Es kommt in jedem Fall das gleiche raus (Zeitberechnungen).

Die verstetigten Arbeitsstunden pro Monat werden mit dem gesetzlichen Mindestlohn multipliziert und ergeben das verstetigte Monatsentgelt.

Tabelle für 2015 bis 2020:

Wochen­arbeits­zeit
(lt. Arbeits­vertrag
Jahres­arbeits­zeit
(Wochen­arbeits­zeit x 52)
Monats­arbeits­zeit
(Jahres­arbeits­zeit /12)
Mindest­lohn 8,50 €
2015 und 2016
Mindest­lohn 8,84 €
2017 und 2018
Mindest­lohn 9,19 €
2019
Mindest­lohn 9,35 €
2020
40 2.080 173,33 1.473,31 € 1.532,24 € 1.592,90 € 1.620,64 €
39 2.028 169,00 1.436,50 € 1.493,96 € 1.553,11 € 1.580,15 €
38 1.976 164,67 1.399,70 € 1.455,68 € 1.513,32 € 1.539,66 €
37 1.924 160,33 1.362,81 € 1.417,32 € 1.473,43 € 1.499,09 €
36 1.872 156,00 1.326,00 € 1.379,04 € 1.433,64 € 1.458,60 €
35 1.820 151,67 1.289,20 € 1.340,76 € 1.393,85 € 1.418,11 €
34 1.768 147,33 1.252,31 € 1.302,40 € 1.353,96 € 1.377,54 €
33 1.716 143,00 1.215,50 € 1.264,12 € 1.314,17 € 1.337,05 €
32 1.664 138,67 1.178,70 € 1.225,84 € 1.274,38 € 1.296,56 €
31 1.612 134,33 1.141,81 € 1.187,48 € 1.234,49 € 1.255,99 €
30 1.560 130,00 1.105,00 € 1.149,20 € 1.194,70 € 1.215,50 €

Tabelle für 2021 und 2022 (Januar bis September):

Wochen­arbeits­zeit
(lt. Arbeits­vertrag
Jahres­arbeits­zeit
(Wochen­arbeits­zeit x 52)
Monats­arbeits­zeit
(Jahres­arbeits­zeit /12)
Mindest­lohn 9,50 €
1. Halbjahr 2021
Mindest­lohn 9,60 €
2. Halbjahr 2021
Mindest­lohn 9,82 €
1. Halbjahr 2022
Mindest­lohn 10,45 €
Juli - Sept. 2022
40 2.080 173,33 1.646,64 € 1.663,97 € 1.702,10 € 1.811,30 €
39 2.028 169,00 1.605,50 € 1.622,40 € 1.659,58 € 1.766,05 €
38 1.976 164,67 1.564,37 € 1.580,83 € 1.617,06 € 1.720,80 €
37 1.924 160,33 1.523,14 € 1.539,17 € 1.574,44 € 1.675,45 €
36 1.872 156,00 1.482,00 € 1.497,60 € 1.531,92 € 1.630,20 €
35 1.820 151,67 1.440,87 € 1.456,03 € 1.489,40 € 1.584,95 €
34 1.768 147,33 1.399,64 € 1.414,37 € 1.446,78 € 1.539,60 €
33 1.716 143,00 1.358,50 € 1.372,80 € 1.404,26 € 1.494,35 €
32 1.664 138,67 1.317,37 € 1.331,23 € 1.361,74 € 1.449,10 €
31 1.612 134,33 1.276,14 € 1.289,57 € 1.319,12 € 1.403,75 €
30 1.560 130,00 1.235,00 € 1.248,00 € 1.276,60 € 1.358,50 €

Tabelle ab Oktober 2022:

Wochen­arbeits­zeit
(lt. Arbeits­vertrag
Jahres­arbeits­zeit
(Wochen­arbeits­zeit x 52)
Monats­arbeits­zeit
(Jahres­arbeits­zeit /12)
Mindest­lohn 12,00 €
Okt. 2022 - Dez. 2023
40 2.080 173,33 2.079,96 €
39 2.028 169,00 2.028,00 €
38 1.976 164,67 1.976,04 €
37 1.924 160,33 1.923,96 €
36 1.872 156,00 1.872,00 €
35 1.820 151,67 1.820,04 €
34 1.768 147,33 1.767,96 €
33 1.716 143,00 1.716,00 €
32 1.664 138,67 1.664,04 €
31 1.612 134,33 1.611,96 €
30 1.560 130,00 1.560,00 €

Übertragung von Prüfungsbefugnissen nach dem Mindestlohngesetz auf die Zollverwaltung - Anwendbarkeit des Mindestlohngesetz auf ausländische Transportunternehmen

Der Bundesfinanzhof hat am 18. August 2020 (veröffentlicht am 29.04.2021) in drei Urteilen (VII R 34/18, VII R 12/19 und VII R 35/18) die Anwendbarkeit des Mindestlohngesetzes auf ausländische Transportunternehmen bestätigt.
Leitsätze von Urteil VII R 34/18:

1. Der Bundesgesetzgeber durfte der Zollverwaltung gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG die Prüfung der Einhaltung der Pflichten eines Arbeitgebers nach § 20 MiLoG übertragen.
2. Transportunternehmen mit Sitz im Ausland, deren Arbeitnehmer im Inland tätig sind, sind verpflichtet, eine Überprüfung der tatsächlich im Inland verrichteten Arbeiten nach dem MiLoG zu dulden.

Auszug aus den Entscheidungsgründen von Urteil VII R 34/18:

Die Prüfungsverfügung vom 21.10.2015 und die damit verbundene Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen sind rechtmäßig. Die angefochtenen Maßnahmen sind auf eine verfassungs- und unionsrechtskonforme Ermächtigungsgrundlage gestützt (1.) und sie sind ihrerseits formell und materiell rechtmäßig (2.).
1. Die Ermächtigungsgrundlage für die streitige Prüfungsverfügung und die Anforderung von Unterlagen ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 SchwarzArbG i.V.m. § 14, § 15 Satz 1 Nr. 1 und § 20 MiLoG. Diese Regelungen verstoßen weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht.
a) Nach § 20 MiLoG sind Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland seit dem 01.01.2015 verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern spätestens am Ende des auf die Arbeitsleistung folgenden Monats ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns (§ 1 Abs. 2 MiLoG) zu zahlen.

Damit bestätigte der Bundesfinanzhof die Urteile der Vorinstanzen (Finanzgericht Baden-Württemberg vom 17. Juli 2018, Az: 11 K 544/16 und Az: 11 K 2644/16 sowie Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2019, Az: 1 K 1174/17).

Höhe des Mindestlohns und Anrechnung besonderer Vergütungsbestandteile

Auf der Tagesordnung der 948. Sitzung des Bundesrates stand am 23.09.2016 ein Antrag der Länder Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Bremen zur Änderung des Mindestlohngesetzes. Mit dem Entschließungsantrag sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, im Mindestlohngesetz klarzustellen, welche Lohnbestandteile nicht auf den Mindestlohn anzurechnen sind. Dies sollte durch eine Änderung des § 1 MiLoG festgelegt werden.
Diese Klarstellung sollte Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung des Mindestlohngesetzes vermeiden und Manipulationen bei der Berechnung des Mindestlohnes verhindern.

Der Bundesrat hat die Entschließung nicht gefasst. Damit bleibt es bei der unklaren Gemengelage und weitere Arbeit für die Arbeitsgerichte.

Bei dem gesetzlichen Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn je Zeitstunde. Er ist wegen des zwingenden Charakters der §§ 1 und 20 Mindestlohngesetz grundsätzlich als Geldleistung zu berechnen und auszuzahlen. Damit dürfen Sachbezüge - mit Ausnahme von Saisonarbeitern - nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
Für Saisonarbeiter wird die Anrechnung von Kost und Logis nach § 107 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) auf den gesetzlichen Mindestlohn zugelassen (Quelle: https://www.zoll.de)

Grundsätzlich ist § 107 Abs. 2 Satz 5 Gewerbeordnung zu beachten: Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.

Lohnbestandteile sind nur dann auf den Mindestlohn anzurechnen, wenn sie das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der ihm hierfür erbrachten Gegenleistung nicht verändern. Damit darf mit der Zulage oder dem Zuschlag nicht eine Arbeitsleistung vergütet werden, die von der vom Arbeitnehmer geschuldeten Normalleistung abweicht.

Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts:

  • Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25.05.2016, 5 AZR 135/16:
    1. Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt.
    2. Erfüllt ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn die für den Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt. Erfüllung tritt mit Zahlung des Bruttoarbeitsentgelts ein. Auch verspätete Zahlungen können Erfüllungswirkung haben.
  • Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.12.2016, 5 AZR 374/16:
    Die Auslegung des Mindestlohngesetzes hat die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerentsenderecht zu beachten. Danach sind alle zwingend und transparent geregelten Gegenleistungen des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers Bestandteile des Mindestlohns (EuGH 12. Februar 2015 - C-396/13 - [Sähköalojen ammattiliitto]).
  • Wenn die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung nicht den gesetzlichen Mindestlohn erreicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf die Differenzvergütung.
  • Der Arbeitgeber erfüllt den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der im Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindeststundenlohn ergibt.
  • Bundesarbeitsgericht Urteil vom 24.5.2017, 5 AZR 431/16:
    Der Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG "je Zeitstunde" festgesetzt. Das Gesetz macht den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig. Mindestlohnwirksam sind daher alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen mit Ausnahme der Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen
Anrechenbar
auf den gesetzlichen Mindestlohn
Nicht anrechenbar
auf den gesetzlichen Mindestlohn
  • Zulagen und Zuschläge, mit denen die regelmäßig und dauerhaft geschuldete Arbeitsleistung vergütet wird. Allgemeine Tätigkeitszulagen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 18.4.2012, 4 AZR 139/10)
  • Zulagen die das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht berühren. Dazu gehören z.B. Betriebstreuezulagen und Kinderzulagen.
  • Erstattungen von Aufwendungen durch den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer diese Aufwendungen selbst tragen muss (z.B.: Fahrkostenersatz des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte).
  • Akkordzulagen (Bundesarbeitsgericht vom 6. September 2017 - 5 AZR 317/16): Diese Zulage ist eine unmittelbare Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegt die Leistungszulage nicht.
  • Wechselschichtzulagen und Leistungszulagen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.12.2016, 5 AZR 374/16)
  • Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21.12.2016, 5 AZR 374/16 und Urteil vom 22.03.2017, 5 AZR 424/16)
  • Tarifliche Anwesenheitsprämien (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 6.12.2017, 5 AZR 864/16)
  • Sonn- und Feiertagszuschläge (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 24.05.2017, 5 AZR 431/16):
    Danach sind Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen mindestlohnwirksam. Sie sind im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt und werden gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen Sonn- und Feiertagszuschläge nicht. Anders als für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden begründet das Arbeitszeitgesetz keine besonderen Zahlungspflichten des Arbeitgebers für Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
  • Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld sind anrechnungsfähig wenn kein tarifvertraglicher Anspruch besteht. Die Leistung kann nur im Monat der Zuwendung auf den Mindestlohn angerechnet werden (Fälligkeitszeitraum).
  • Entgeltumwandlungen zur betrieblichen Altersversorgung, wenn Arbeitsentgeltbestandteile umgewandelt werden, die auf den Mindestlohn anrechenbar sind.
  • Provisionszahlungen bzw. Umsatzbeteiligungen können nur im Monat der Zahlung auf den Mindestlohn angerechnet werden. Provisionszahlungen sind nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie nicht zurückgefordert werden können. Wenn Provisionsregelungen sog. Stornierungsklauseln enthalten, kann die Provisionszahlung nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
  • Arbeitgeberbeiträge zur betrieblichen Altersversorgung (EuGH, Urteil vom 14.04.2005 - C-341/02) und sonstige vermögenswirksame Leistungen (EuGH, Urteil vom 07.11.2013 - C-522/12)
  • Erstattungen als Aufwendungsersatz für tatsächlich entstandene Kosten (z. B. Zuschüsse zu Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen)
  • Qualitätsprämien
  • Entgeltfortzahlung für Feiertage und Urlaubsentgelt (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20.9.2017, 10 AZR 171/16):
    Bei den Zahlungen für einen Feiertag bzw. beim "Urlaubslohn" handelt es sich um Vergütungszahlungen, die gerade nicht als Gegenleistung für geleistete Arbeit erfolgt sind, sondern für Zeiten ohne Arbeitsleistung. Mindestlohnansprüche können dadurch nicht erfüllt werden.
  • Zuschläge für Nachtarbeit (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 16.4.2014, 4 AZR 802/11): Sie unterliegen einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung.
  • Trinkgelder

Stücklöhne sind dann zulässig, wenn sichergestellt ist, dass der Arbeitnehmer je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde den Mindestlohn erhält.

Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 25. Mai 2016 (5 AZR 135/16)
Arbeitgeber können Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld in bestimmten Fällen mit dem Lohn verrechnen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in seinem ersten Urteil zum gesetzlichen Mindestlohn entschieden.
Im konkreten Fall bestimmt sich das Arbeitsverhältnis der in Vollzeit beschäftigten Klägerin nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag, der neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vorsieht. Im Dezember 2014 schloss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt der Arbeitgeber allmonatlich neben dem Bruttogehalt je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds.
Die Zahlungen können laut Bundesarbeitsgericht herangezogen werden, um die gesetzliche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde zu erfüllen. Das gelte aber nur dann, wenn die Sonderzahlungen als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen vorbehaltlos und unwiderruflich gezahlt würden.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 24/16 des Bundesarbeitsgerichts:

Der Arbeitgeber schuldet den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Er erfüllt den Anspruch durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben. Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 ArbZG) beruhen.
....
Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge. Der gesetzliche Mindestlohn tritt als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändert diese aber nicht. Der nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bemessene Mindestlohnanspruch der Klägerin für den Zeitraum Januar bis November 2015 ist erfüllt, denn auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten Jahressonderzahlungen kommt Erfüllungswirkung zu.

Mindestlohn - arbeitsvertragliche Ausschlussfrist

Viele Arbeitsverträge enthalten eine Klausel, der zufolge Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Ausschlussfrist angemahnt werden.

Schließt die arbeitsvertragliche Verfallklausel für Ansprüche gegen den Arbeitgeber den Mindestlohn ein, ist die gesamte Klausel unwirksam, hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 18. September 2018 (9 AZR 162/18) entschieden.
Auszug aus der Pressemitteilung Nr. 43/18 des Bundesarbeitsgerichts:

Eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 1. Januar 2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist - jedenfalls dann - insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde.

Arbeitgeber sollten Altverträge auf fehlerhafte Klauseln prüfen und beim Neuabschluss von Arbeitsverträgen auf eine wirksame Vertragsgestaltung achten.

Mindestlohn und Arbeitszeitkonten

Der § 2 Abs. 1 des Mindestlohngesetzes legt als spätesten Fälligkeitstermin des Mindestlohns den letzten Bankarbeitstag des Monats fest, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.
Der § 2 Abs. 2 des Mindestlohngesetzes bestimmt Besonderheiten für Arbeitszeitkonten:

Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

Damit schützt auch ein Stundenlohn über dem gesetzlichen Mindestlohn nicht vor den Regelungen des § 2 Abs. 2 Mindestlohngesetz.
Beispiel für 2018 (gesetzlicher Mindestlohn von 8,84 Euro brutto je Zeitstunde):
Ein Arbeitnehmer arbeitet 169 Stunden pro Monat (Wochenarbeitszeit von 39 Stunden). Er erhält einen Stundenlohn von 10 Euro.
169 Stunden * 10 Euro pro Stunde ergeben einen Monatslohn von 1.690 Euro
Der Arbeitnehmer leistet 30 Überstunden, die seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden.
Damit beträgt seine Monatsarbeitszeit 199 Stunden.
1.690 Euro (ausgezahlter Betrag) / 199 Stunden ergibt einen Stundenlohn von 8,49 Euro
Damit greifen die Regelungen für das Arbeitszeitkonto nach § 2 Abs. 2 Mindestlohngesetz, insbesondere die Pflicht zum Ausgleich innerhalb von zwölf Monaten.

Mindestlohn und Geringfügigkeitsgrenze

Der ab 01.01.2015 geltende Mindeststundenlohn konnte bei einigen Minijobbern zur Sozialversicherungspflicht führen. Wenn das nicht gewünscht war, blieb nur eine Reduzierung der Arbeitsstunden oder eine Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung (wenn das arbeitsrechtlich zulässig war).

Arbeitgeber mussten bei jeder Mindestlohnerhöhung den damaligen Grenzbetrag von 450 Euro prüfen. Arbeitsverträge waren frühzeitig anzupassen.

Mögliche Arbeitszeiten vom 01.01.2015 bis 30.09.2022:

  • Mit dem ab 01.01.2015 geltenden gesetzlichen Mindeststundenlohn von 8,50 Euro wurde indirekt wieder eine Maximalstundenzahl eingeführt. Eine ständige wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden ist ab 2015 nicht mehr möglich.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 8,50 Euro pro Stunde ergeben 52,9 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.01.2017 gelten 8,84 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 8,84 Euro pro Stunde ergeben 50,9 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.01.2019 gelten 9,19 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 9,19 Euro pro Stunde ergeben 48,9 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.01.2020 gelten 9,35 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 9,35 Euro pro Stunde ergeben 48,1 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.01.2021 gelten 9,50 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 9,50 Euro pro Stunde ergeben 47,3 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.07.2021 gelten 9,60 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 9,60 Euro pro Stunde ergeben 46,8 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.01.2022 gelten 9,82 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 9,82 Euro pro Stunde ergeben 45,8 Stunden pro Monat.
     
  • Ab dem 01.07.2022 gelten 10,45 Euro brutto je Zeitstunde. Damit sinkt die Maximalstundenzahl weiter.
    450 Euro pro Monat geteilt durch 10,45 Euro pro Stunde ergeben 43,0 Stunden pro Monat.

Ab dem 1. Oktober 2022 orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen.
Damit ergibt sich eine Maximalstundenzahl von 43,333 Stunden pro Monat (43 Stunden und 20 Minuten).
Die Geringfügigkeitsgrenze wird im neuen Absatz 1a des § 8 SGB IV definiert.
Die Geringfügigkeitsgrenze bezeichnet danach das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Die Geringfügigkeitsgrenze wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger jeweils bekannt gegeben.

  • Bei dem vom 01.10.2022 bis 31.12.2023 gültigen Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde ergibt sich eine Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro
    12 Euro * 130 / 3 = 520 Euro
  • Bei dem vom 01.01.2024 bis 31.12.2024 gültigen Mindestlohn von 12,41 Euro ergibt sich eine Geringfügigkeitsgrenze von 538 Euro.
    12,41 Euro * 130 / 3 = 537,77 Euro
    auf volle Euro aufgerundet: 538 Euro
  • Bei dem ab 01.01.2025 gültigen Mindestlohn von 12,82 Euro ergibt sich eine Geringfügigkeitsgrenze von 556 Euro.
    12,82 Euro * 130 / 3 = 555,53 Euro
    auf volle Euro aufgerundet: 556 Euro

Änderung des Tarifvertragsgesetzes

Die bisher geltende starre 50 Prozent-Grenze für die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages wird gestrichen. An seine Stelle tritt ein konkretisiertes öffentliches Interesse.
Neue Fassung des § 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz:

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn die Tarifvertragsparteien darlegen, dass
  1. der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
  2. die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

Die tariflich vereinbarten Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz haben sich bewährt. Deshalb wird der Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes über die bereits dort genannten Branchen hinaus für alle Branchen geöffnet.

Neuer § 7a Arbeitnehmer-Entsendegesetz:

(1) Auf gemeinsamen Antrag der Parteien eines Tarifvertrages im Sinne von § 4 Absatz 2 sowie §§ 5 und 6 Absatz 1 kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass die Rechtsnormen dieses Tarifvertrages auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung finden, wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint, um die in § 1 genannten Gesetzesziele zu erreichen und dabei insbesondere einem Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten entgegenzuwirken. Eine Rechtsverordnung, deren Geltungsbereich die Pflegebranche (§ 10) erfasst, erlässt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit ohne Zustimmung des Bundesrates. Im Fall einer Rechtsverordnung nach Satz 2 sind auch die in Absatz 1a genannten Voraussetzungen zu erfüllen und die in § 11 Absatz 2 genannten Gesetzesziele zu berücksichtigen.

Seit dem 16.08.2014 (Tag nach der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt) ist das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für alle Branchen geöffnet. Das öffentliche Interesse an einer Allgemeinverbindlicherklärung ist klarer bestimmt. Es ist besonders dann gegeben, wenn der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich überwiegend bedeutsam ist oder wirtschaftlichen Fehlentwicklungen entgegenwirkt.

Aufhebung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes am 16.08.2014

Auszug aus der Begründung des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz):

Das Mindestarbeitsbedingungengesetz hatte zum Ziel, auch in Wirtschaftszweigen mit geringer Tarifbindung die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten zu ermöglichen und damit einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen. Es hat in der Praxis keine Bedeutung erlangt; auf seiner Grundlage wurden keine Mindestarbeitsentgelte festgesetzt. Mit Einführung des allgemeinen Mindestlohns sowie der Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen wird ein angemessener Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Branchen gewährleistet. Das Mindestarbeitsbedingungengesetz wird daher aufgehoben.

Einfluss des Mindestlohn auf die Beschäftigung

Zu den Wirkungen eines Mindestlohns gibt es die unterschiedlichsten Standpunkte.
Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) hat im IAQ-Standpunkt 2016-04 Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns untersucht.
Auszug aus dem Inhalt:

Zu dem befürchteten Beschäftigungseinbruch auf dem Arbeitsmarkt infolge des Mindestlohns ist es nicht gekommen. Im Gegenteil: die Beschäftigung wächst weiterhin und kein Trendbruch ist erkennbar. Die Zunahme erfolgte vor allem bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Probleme ergeben sich zum Teil bei Umsetzung und Kontrolle des Mindestlohns. Die unzureichende Präzisierung der Anrechenbarkeit von Zulagen und Sonderzahlungen erschwert die Umsetzung.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 14. Dezember 2020 die Evaluation des Mindestlohngesetzes veröffentlicht.
Wichtige Ergebnisse aus dem Gesamtbericht zur Evaluation des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns nach § 23 Mindestlohngesetz:

  • Arbeitnehmerschutz: Gemäß der verfügbaren Forschungsliteratur hat der Mindestlohn bisher erfolgreich dazu beigetragen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vor Niedrigstlöhnen zu schützen.
  • Arbeitsmarkt: Die von vielen Ökonominnen und Ökonomen im Vorfeld befürchteten negativen Beschäftigungseffekte infolge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind nicht eingetreten. Der Mindestlohn hat die Gesamtbeschäftigung und die Arbeitslosigkeit in Deutschland nicht bzw. nur in sehr geringem Maße beeinflusst.
  • Wettbewerb: Die im Vergleich zu Arbeitnehmerschutz und Arbeitsmarkt überschaubare Literatur im Bereich Wettbewerb zeigt, dass der Mindestlohn in diesem Wirkungsfeld kaum Veränderungen gebracht hat. Mindestlohninduzierte Effekte finden sich weder auf die Arbeitsproduktivität oder das Investitionsverhalten von Betrieben noch auf die Unternehmensdynamik oder den Wettbewerbsdruck. Auf betrieblicher Ebene zeigt sich allerdings, dass vom Mindestlohn betroffene Unternehmen zur Kompensation gestiegener Lohnkosten teilweise ihre Preise angehoben haben.

Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) hat im IAB-Forschungsbericht 9/2022 die Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf Betriebe und Unternehmen untersucht. Es war eine Studie im Auftrag der Mindestlohnkommission. Projektvergabe durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz- und Arbeitsmedizin (BAUA) an das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB).
Kernaussage der Studie:

In den Analysen lässt sich nicht nachweisen, dass die Mindestlohnerhöhungen 2017, 2019 und 2020 Effekte auf den betrieblichen Arbeitsmarkt hervorgerufen hätten, was damit begründet werden kann, dass diese Mindestlohnerhöhungen nicht über die allgemeine Lohnentwicklung hinaus gingen.

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