Zusammenrechnung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung mit einer weiteren Beschäftigung

Aktuelles

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 01.01.2024 auf 12,41 Euro und zum 01.01.2025 auf 12,82 Euro.
Das Bundeskabinett hat am 15. November 2023 die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Geringfügigkeitsgrenze. Diese steigt ab 01.01.2024 auf 538 Euro (538-Euro-Job).
Ab 01.01.2025 sind es dann 556 Euro.
Berechnung der Geringfügigkeitsgrenze


Bundestag und Bundesrat haben dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung zugestimmt.
Das Gesetz wurde am 30.06.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit gibt es ab 1. Oktober 2022 Anpassungen bei Minijobs (geringfügig entlohnte Beschäftigungen).
Ab dem 1. Oktober 2022 orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen.
Bei dem ab 1. Oktober 2022 geltenden Mindestlohn von 12 Euro ergeben sich 520 Euro als Geringfügigkeitsgrenze.

Grundsätzliches

Übt ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden versicherungsrechtlich als eine Einheit betrachtet.

Für die geringfügig entlohnten Beschäftigungen gilt § 8 SGB IV (ab 01.10.2022 geltende Fassung):

(1) Eine geringfügige Beschäftigung liegt vor, wenn
  1. das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt,
  2. die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt.
(1a) Die Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des Sozialgesetzbuchs bezeichnet das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Die Geringfügigkeitsgrenze wird jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger bekannt gegeben.
(1b) Ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze steht dem Fortbestand einer geringfügigen Beschäftigung nach Absatz 1 Nummer 1 nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.
(2) Bei der Anwendung des Absatzes 1 sind mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 oder Nummer 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen. Wird beim Zusammenrechnen nach Satz 1 festgestellt, dass die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag ein, an dem die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 37 des Zehnten Buches durch die Einzugsstelle nach § 28i Satz 5 oder einen anderen Träger der Rentenversicherung bekannt gegeben wird. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären.
(3) Die Absätze 1, 1a und 2 gelten entsprechend, soweit anstelle einer Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Dies gilt nicht für das Recht der Arbeitsförderung.

Die Geringfügigkeitsgrenze bezeichnet danach das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle Euro aufgerundet wird. Die Geringfügigkeitsgrenze wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesanzeiger jeweils bekannt gegeben.
Die Minijob-Grenze ist damit eine dynamische Grenze, die bei einer Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns steigt.

Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  • Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse ohne versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung
  • Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben versicherungspflichtiger Hauptbeschäftigung
  • Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben einer kurzfristigen Beschäftigung
  • Mehrere kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse

Die ersten drei Fälle werden auf dieser Seite behandelt. Der vierte Fall wird auf der Seite Kurzfristige Beschäftigungen behandelt.

Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse ohne versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung

Hat ein Arbeitnehmer, ohne versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern nebeneinander, sind die Arbeitsentgelte aus diesen Beschäftigungen (hierzu zählen auch nicht in einer Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebene entgeltliche Praktika) zusammenzurechnen.

Die Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte aus mehreren geringfügig entlohnten Beschäftigungen erfolgt auch, wenn diese neben einem in der Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Zwischenpraktikum ausgeübt werden.

Eine Zusammenrechnung erfolgt nicht, wenn eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einer kurzfristigen Beschäftigung zusammentrifft.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer arbeitet beim Arbeitgeber A für 400 € monatlich und beim Arbeitgeber B für 300 € monatlich (beides Minijobs). In der Sozialversicherung werden beide Minijobs zusammengerechnet, das heißt jeder Minijob ist voll sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet, dass beide Arbeitgeber nicht die Pauschalabgaben entrichten müssen, sondern die normalen Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Es entfällt die Steuerpauschalierung mit 2%. Der Arbeitnehmer müsste deshalb beide Arbeitgeber ermächtigen, die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) abzurufen.
Für beide Arbeitgeber besteht nach § 40a Abs. 2a EStG die Möglichkeit einer Pauschalierung der Lohnsteuer mit 20%, weil der Monatslohn die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt.
Fazit: Wird bei der Zusammenrechnung mehrerer Minijobs die Geringfügigkeitsgrenze überschritten, so handelt es sich nicht mehr um versicherungsfreie Minijobs. Die Jobs sind versicherungspflichtig bei der zuständigen Krankenkasse zu melden.

Die Sozialversicherungspflicht des Arbeitnehmers tritt mit dem Tag ein, an dem die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.

Bei einer geringfügig entlohnten Beschäftigung mit Wertguthabenvereinbarung ist das Arbeitsentgelt für die Zusammenrechnung zu berücksichtigen, welches sowohl in der Arbeitsphase als auch in der Freistellungsphase tatsächlich ausgezahlt, gemeldet und verbeitragt wird.

Mit dem dritten SGB IV-Änderungsgesetz (vom 05.08.2010) wurde festgelegt, dass die Minijob-Zentrale verbindlich über den Eintritt von Versicherungspflicht bei geringfügigen Beschäftigungen entscheidet. Außerdem legt sie fest, ab wann diese beginnt.

Ab 01.01.2009 ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich beim Arbeitnehmer nach anderen Beschäftigungen zu erkundigen. Wenn diese Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt wird (§ 8 Abs. 2 SGB IV), müssen rückwirkend Beiträge nachgezahlt werden.

Der Arbeitnehmer ist nach § 28o Abs. 1 SGB IV verpflichtet, dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und entsprechende Unterlagen vorzulegen.

Mit dem dritten SGB IV-Änderungsgesetz wurde auch die Beitragsverfahrensverordnung (§ 8 Abs. 2) angepasst. Die Erklärungen der geringfügigen Beschäftigten über weitere Beschäftigungen gehören zu den aufzubewahrenden Unterlagen. Vorgeschrieben wird auch die Erklärung, dass der Arbeitnehmer schriftlich bestätigen muss, dass er dem Arbeitgeber die Aufnahme weiterer Beschäftigungen anzuzeigen hat.

Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen, die innerhalb eines Kalendermonats aufeinander folgen
Wenn eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats endet und anschließend bei einem anderen Arbeitgeber erneut eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aufgenommen wird, erfolgt für diesen Kalendermonat grundsätzlich keine Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte.
Auszug aus den Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Dezember 2023:

Endet eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats und beginnt danach erneut eine geringfügig entlohnte Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber, erfolgt für diesen Kalendermonat keine Zusammenrechnung der Arbeitsentgelte, so dass ein Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze in diesem Kalendermonat unschädlich ist. Anders verhält es sich hingegen, wenn mehrere - für sich gesehen geringfügig entlohnte - Beschäftigungen (auch bei verschiedenen Arbeitgebern) aufeinander folgen, die jeweils in demselben Kalendermonat beginnen und enden. Überschreitet in diesen Fällen das Arbeitsentgelt aus den Beschäftigungen insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze, ist die später aufgenommene Beschäftigung, die zu einem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze in der Zusammenrechnung führt, nicht geringfügig entlohnt (vgl. Beispiel 4c). Gleiches gilt für die zuerst aufgenommene Beschäftigung, wenn bereits zu ihrem Beginn bekannt ist, dass in demselben Kalendermonat eine weitere befristete geringfügig entlohnte Beschäftigung folgen soll, durch die die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben versicherungspflichtiger Hauptbeschäftigung

Arbeitnehmer, die bereits eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung haben, können neben dieser einen sozialversicherungsfreien Minijob ausüben. Der zweite und jeder weitere Minijob wird aber mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und ist in der Regel versicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Arbeitslosenversicherungsbeiträge müssen für diese Beschäftigungen nicht gezahlt werden.
Damit entfällt stets für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung die Zusammenrechnung mit der nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung. Ausgenommen von der Zusammenrechnung mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung wird stets der zeitlich zuerst aufgenommene Minijob.
Das ist unabhängig von der Behandlung des Minijobs in der Rentenversicherung.
Auszug aus den Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14. Dezember 2023:

Sofern daher neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung nur eine geringfügig entlohnte Beschäftigung ausgeübt wird, findet eine Zusammenrechnung nicht statt, so dass die geringfügig entlohnte Beschäftigung in der Krankenversicherung versicherungsfrei und je nach Sachverhalt in der Rentenversicherung versicherungsfrei, versicherungspflichtig oder von der Versicherungspflicht befreit bleibt. Aus der Krankenversicherungsfreiheit folgt, dass in dieser Beschäftigung auch keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung besteht (vgl. Beispiel 19).

Werden hingegen neben einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen (Haupt-)Beschäftigung mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen ausgeübt, dann scheidet für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung die Zusammenrechnung mit der nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Beschäftigung aus. Ausgenommen von der Zusammenrechnung wird dabei diejenige geringfügig entlohnte Beschäftigung, die zeitlich zuerst aufgenommen worden ist, so dass für diese Beschäftigung weiterhin die besonderen versicherungs-, beitrags- und melderechtlichen Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigungen gelten.

Beispiel:
Ein Arbeitnehmer übt bei Arbeitgeber A eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung aus und verdient monatlich 1.800 € brutto. Im Februar nimmt er einen Minijob bei Arbeitgeber B auf. Hier verdient er monatlich 150 €. Dieser Minijob wird nicht mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und bleibt versicherungsfrei. Im Mai nimmt der Arbeitnehmer einen zweiten Minijob für monatlich 200 € bei Arbeitgeber C auf. Dieser Minijob wird mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und ist versicherungspflichtig in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Weitere Beispiele finden Sie auf den Seiten Personengruppenschlüssel 101 und Personengruppenschlüssel 109.

Ein Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze kann auch durch Zusammenrechnung einer nicht geringfügigen versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mit einer bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübten zweiten oder weiteren für sich gesehen geringfügig entlohnten und damit versicherungspflichtigen Beschäftigung eintreten.

Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Arbeitsentgelt diese Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten, sind krankenversicherungsfrei.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung neben einer kurzfristigen Beschäftigung

Wenn eine geringfügig entlohnte Beschäftigung neben einer kurzfristigen Beschäftigung ausgeübt wird, erfolgt keine Zusammenrechnung der Entgelte. Kurzfristige Beschäftigungen werden auch nicht mit einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammengerechnet.

Beispiel:
Beschäftigung bei Arbeitgeber A 2.000 €
Beschäftigung bei Arbeitgeber B 520 €
Beschäftigung bei Arbeitgeber C (Beschäftigung, die wegen ihrer kurzen Dauer geringfügig ist)

Beschäftigungen B und C bleiben versicherungsfrei, Beiträge werden nur aus der Beschäftigung A erhoben.
Für die geringfügige Beschäftigung B zahlt der Arbeitgeber Pauschalbeiträge an die Minijobzentrale.


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