Entfernungspauschale (Pendlerpauschale) für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

Aktuelles

Bundesfinanzhof Urteil vom 09. Juni 2022, VI R 26/20 - Ein Taxi ist kein "öffentliches Verkehrsmittel" i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG
Leitsätze:

1. Ein im Gelegenheitsverkehr genutztes Taxi zählt nicht zu den "öffentlichen Verkehrsmitteln" i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG.
2. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Taxi können daher lediglich in Höhe der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden.

Am 20. Mai 2022 hat der Bundesrat dem vom Bundestag am 12. Mai 2022 verabschiedeten Steuerentlastungsgesetz zugestimmt. Das Gesetz wurde am 27.05.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft, Teile davon mit Wirkung vom 1. Januar 2022.
Die am 1. Januar 2024 anstehende Erhöhung der Pendlerpauschale (um 3 Cent auf insgesamt 38 Cent ab dem 21. Kilometer) wird auf den 01.01.2022 vorgezogen (rückwirkend).

Mit den Änderungen wird die bereits festgelegte Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um 3 Cent auf 0,38 Euro je vollen Entfernungskilometer für die Jahre 2024 bis 2026 auf die Jahre 2022 und 2023 ausgedehnt. Die damit verbundene Entlastung wird somit vorgezogen.
Beschäftigte können ab dem dem Inkrafttreten von Artikel 2 des vorliegenden Änderungsgesetzes folgenden Monat die Anpassung eines Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren wegen der höheren Entfernungspauschale beantragen. Allerdings wirkt sich die höhere Entfernungspauschale wegen des ebenfalls erhöhten Arbeitnehmer-Pauschbetrags nur insoweit aus, als der Erhöhungsbetrag den Betrag von 200 Euro überschreitet. Unterbleibt ein entsprechender Antrag, kann die höhere Entfernungspauschale im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend gemacht werden.
Die Bundesregierung strebt noch in dieser Legislaturperiode eine Neuordnung der Pendlerpauschale an, die ökologisch-soziale Belange der Mobilität besser berücksichtigt.


Bundesfinanzhof Urteil vom 12. Februar 2020, VI R 42/17 - Berechnung der Entfernungspauschale bei Hin- und Rückweg an unterschiedlichen Arbeitstagen
Leitsätze:

Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gilt arbeitstäglich zwei Wege (einen Hin- und einen Rückweg) ab. Legt ein Arbeitnehmer nur einen Weg zurück, so ist nur die Hälfte der Entfernungspauschale je Entfernungskilometer und Arbeitstag als Werbungskosten zu berücksichtigen.

In dem Fall ging es um einen Flugbegleiter mit mehrtägigem Flugeinsatz.

Gesetzliche Grundlagen

2014 wurde der Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" durch den Begriff "erste Tätigkeitsstätte" ersetzt.

§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG:

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch
....
  1. Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro anzusetzen, höchstens jedoch 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt. Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken und Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung nach § 3 Nummer 32. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird. Nach § 8 Absatz 2 Satz 11 oder Absatz 3 steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag; ist der Arbeitgeber selbst der Verkehrsträger, ist der Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber an den Verkehrsträger zu entrichten hätte. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der ersten Tätigkeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird. Nach § 3 Nummer 37 steuerfreie Sachbezüge mindern den nach Satz 2 abziehbaren Betrag nicht; § 3c Absatz 1 ist nicht anzuwenden.

Ab 2021 wird folgender Satz angefügt (Änderung rückwirkend zum 1. Januar 2022 ist fett hervorgehoben):

Zur Abgeltung der Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 ist für die Veranlagungszeiträume 2021 bis 2026 abweichend von Satz 2 für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der ersten 20 Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro und für jeden weiteren vollen Kilometer
a) von 0,35 Euro für 2021 bis 2023, (Änderung: a) von 0,35 Euro für 2021,)
b) von 0,38 Euro für 2024 bis 2026 (Änderung: b) von 0,38 Euro für 2022 bis 2026)
anzusetzen, höchstens 4 500 Euro im Kalenderjahr; ein höherer Betrag als 4 500 Euro ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt

§ 9 Abs. 2 EStG (Fassung ab 01.01.2014):

Durch die Entfernungspauschalen sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne des Absatzes 4 und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Behinderte Menschen,
  1. deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt,
  2. deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind,
können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen. Die Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 sind durch amtliche Unterlagen nachzuweisen.

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 haben sich Änderungen zu den Entfernungspauschalen ergeben. Das BMF-Schreiben vom 3. Januar 2013 war mit Wirkung ab 1. Januar 2014 damit überholt.

Das Bundesfinanzministerium hatte mit einem BMF-Schreiben vom 31. Oktober 2013 eine neue Verwaltungsanweisung zur Entfernungspauschale veröffentlicht.

Durch mehrere Gesetze haben sich Änderungen zu den Entfernungspauschalen und zur Pauschalbesteuerung nach § 40 Absatz 2 EStG ergeben. Das Bundesfinanzministerium hat mit einem BMF-Schreiben vom 18. November 2021 eine neue Verwaltungsanweisung zur Entfernungspauschale veröffentlicht. Änderungen gegenüber dem BMF-Schreiben vom 31. Oktober 2013 sind in Fettdruck dargestellt.

Grundsätzliches zur Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

  • Die Entfernungspauschale ist grundsätzlich unabhängig vom Verkehrsmittel zu gewähren.
  • Ihrem Wesen als Pauschale entsprechend kommt es grundsätzlich nicht auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an.
  • Unfallkosten können als außergewöhnliche Aufwendungen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) jedoch neben der Entfernungspauschale berücksichtigt werden.
  • Die Entfernungspauschale wird auch bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt. Wenn die Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale anzusetzenden Betrag übersteigen, können diese übersteigenden Aufwendungen zusätzlich angesetzt werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).
  • Ein Taxi ist kein "öffentliches Verkehrsmittel" i.S. des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG (Bundesfinanzhof Urteil vom 09. Juni 2022, VI R 26/20)
    Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Taxi können daher lediglich in Höhe der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden.
  • Die Entfernungspauschale gilt nicht für Flugstrecken. Maßgebend bei Flügen sind nur die tatsächlich angefallenen Flugkosten (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.3.2009, VI R 42/07).
  • Ausgenommen von der Entfernungspauschale sind auch Strecken mit steuerfreier Sammelbeförderung. Bei entgeltlicher Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers ebenso als Werbungskosten anzusetzen.
  • Für Fahrten zwischen Wohnung und einem sog. "Sammelpunkt" oder Wohnung und dem nächstgelegenen Zugang eines "weiträumigen Tätigkeitsgebiets" gelten die Regelungen der Entfernungspauschale entsprechend.
  • Wird das Kraftfahrzeug lediglich für eine Hin- oder Rückfahrt benutzt, z. B. wenn sich an die Hinfahrt eine Auswärtstätigkeit anschließt, die an der Wohnung des Arbeitnehmers endet, so ist die Entfernungspauschale nur zur Hälfte anzusetzen. Dasselbe gilt, wenn Hin- und Rückfahrt sich auf unterschiedliche Wohnungen beziehen (H 9.10 Lohnsteuer-Handbuch).
  • Die Entfernungspauschale beträgt 0,30 Euro für jeden vollen Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die Entfernungspauschale gilt bei der Nutzung von Flugzeugen nur für die An- und Abfahrten zu und von Flughäfen.
    Es gilt: Zahl der Arbeitstage * volle Entfernungskilometer * 0,30 Euro
    Zur Entlastung der Pendler wird die Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um 5 Cent auf 35 Cent angehoben. Diese Maßnahme ist befristet für berufliche Fahrten ab dem 01.01.2021 bis zum 31.12.2026. Zusätzlich erhöht sich in den Jahren 2022 bis 2026 die Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Entfernungskilometer um weitere 3 Cent auf insgesamt 38 Cent pro Kilometer.
  • Die Entfernungspauschale kann für die Wege zu derselben ersten Tätigkeitsstätte für jeden Arbeitstag nur einmal angesetzt werden.
    Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale greift auch dann ein, wenn wegen atypischer Dienstzeiten Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zweimal arbeitstäglich erfolgen (H 9.10 Lohnsteuer-Handbuch).
  • Die anzusetzende Entfernungspauschale ist grundsätzlich auf einen Höchstbetrag von 4.500 Euro im Kalenderjahr begrenzt. Bei Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagens greift die Begrenzung auf 4.500 Euro nicht. Der Arbeitnehmer muss lediglich nachweisen oder glaubhaft machen, dass er die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit dem eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen zurückgelegt hat. Ein Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen für den Kraftwagen ist für den Ansatz eines höheren Betrages als 4.500 Euro nicht erforderlich.
  • Für die Bestimmung der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte maßgebend. Dabei sind nur volle Kilometer der Entfernung anzusetzen, ein angefangener Kilometer bleibt unberücksichtigt. Die Entfernungsbestimmung richtet sich nach der Straßenverbindung; sie ist unabhängig von dem Verkehrsmittel, das tatsächlich für den Weg zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird.
    Bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs kann eine andere als die kürzeste Straßenverbindung zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird. Eine mögliche, aber vom Steuerpflichtigen nicht tatsächlich benutzte Straßenverbindung kann der Berechnung der Entfernungspauschale nicht zugrunde gelegt werden. (Urteile des Bundesfinanzhofs).
  • Eine Fährverbindung ist sowohl bei der Ermittlung der kürzesten Straßen-verbindung als auch bei der Ermittlung der verkehrsgünstigsten Straßen-verbindung einzubeziehen, soweit sie zumutbar erscheint und wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Fahrtstrecke der Fähre selbst ist dann jedoch nicht Teil der maßgebenden Entfernung. An ihrer Stelle können die tatsächlichen Fährkosten berücksichtigt werden.
  • Gebühren für die Benutzung eines Straßentunnels oder einer mautpflichtigen Straße dürfen dagegen nicht neben der Entfernungspauschale berücksichtigt werden, weil sie nicht für die Benutzung eines Verkehrsmittels entstehen.
  • Bei jedem Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft ist die Entfernungspauschale entsprechend der für ihn maßgebenden Entfernungsstrecke anzusetzen. Umwegstrecken zum Abholen von Mitfahrern dürfen nicht in die Entfernungsermittlung einbezogen werden.
  • Durch die Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Familienheimfahrten entstehen (z. B. Parkgebühren, Finanzierungskosten, Beiträge für Kraftfahrerverbände, Versicherungsbeiträge für einen Insassenunfallschutz, Aufwendungen infolge Diebstahls).
  • Krankheitskosten bei einem Wegeunfall zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind als Werbungskosten abziehbar (Bundesfinanzhof Urteil vom 19.12.2019, VI R 8/18)
  • Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG sowie für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG pauschal mit 15 % erheben, soweit diese den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 EStG als Werbungskosten geltend machen kann.
  • Bei ausschließlicher Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagens ist die Höhe der pauschalierungsfähigen Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die Höhe der nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 EStG als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale beschränkt, ohne Begrenzung auf den Höchstbetrag von 4.500 Euro. Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG erfolgen.
  • Bei ausschließlicher Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, bei entgeltlicher Sammelbeförderung, für Flugstrecken sowie bei behinderten Menschen ist eine Pauschalierung der Sachbezüge und Zuschüsse in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers (§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 EStG) für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG zulässig.
  • Bei der Benutzung verschiedener Verkehrsmittel (insbesondere sog. Park & Ride-Fälle) ist die Höhe der pauschalierbaren Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die Höhe der nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 und Absatz 2 EStG als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale beschränkt. Eine Pauschalierung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kommt erst dann in Betracht, wenn diese die insgesamt im Kalenderjahr anzusetzende Entfernungspauschale, ggf. begrenzt auf den Höchstbetrag von 4.500 Euro, übersteigen. Aus Vereinfachungsgründen kann auch in diesen Fällen davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG erfolgen.

Bundesfinanzhof zur Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale

Bundesfinanzhof Beschluss vom 15.11.2016, VI R 4/15
Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale
Leitsätze:

1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale sämtliche gewöhnlichen wie außergewöhnlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßige Arbeitsstätte abgegolten werden.
2. Insbesondere ist in dem Umstand, dass der Gesetzgeber Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel von der abzugsbeschränkenden Wirkung der Entfernungspauschale ausgenommen hat, kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu erblicken.

Bundesfinanzhof zur Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale - Reparaturaufwendungen

Ein Arbeitnehmer hatte auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle an der Tankstelle irrtümlich Benzin anstatt Diesel getankt. Er beantragte neben der Entfernungspauschale den Abzug der durch die Falschbetankung verursachten Reparaturaufwendungen bei seiner Einkommensteuererklärung. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug. Das Finanzgericht gab der hiergegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, die Entfernungspauschale greife für außergewöhnliche Aufwendungen nicht ein. Der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidung des Finanzgericht auf.

Bundesfinanzhof Urteil vom 20.03.2014, VI R 29/13
Entfernungspauschale: Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG 2009
Leitsätze:

Reparaturaufwendungen infolge der Falschbetankung eines PKW auf der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind nicht als Werbungskosten abziehbar.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 diente neben umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen auch und vor allem dem jeder Typisierung innewohnenden Gedanken der Steuervereinfachung. So sollten durch die Abgeltung "sämtlicher Aufwendungen" insbesondere Rechtsstreitigkeiten zwischen den Steuerpflichtigen und dem Finanzamt über die Berücksichtigung besonderer Kosten, z.B. für Abholfahrten, und außergewöhnlicher Kosten (z.B. Unfallkosten) vermieden werden (BTDrucks 14/4242, S. 6; BTDrucks 14/4435, S. 9). Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn durch die Entfernungspauschale auch tatsächlich "sämtliche Aufwendungen" abgegolten werden. Eine Einschränkung der Abgeltungswirkung auf besondere Kosten (Mehrfach-, Umweg-, Dreiecks- und Abholfahrten) entspräche dem Vereinfachungsgedanken hingegen nicht.
....
Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass durch die Entfernungspauschale auch außergewöhnliche Aufwendungen abgegolten werden. Der Gesetzgeber hat das ihm eingeräumte Regelungsermessen nicht überschritten.
....
Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, für den Fall außergewöhnlicher Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eine Ausnahmeregelung zu treffen.

In diesem Punkt hat die Finanzverwaltung eine andere Meinung als die der Rechtsprechung. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20.03.14 (VI R 29/13) entschieden, dass die Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abziehbar sind, da auch außergewöhnliche Aufwendungen durch die Entfernungspauschale abgegolten sind. Dies folge aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ("sämtliche Aufwendungen"), aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
Unfallkosten sollten sie in Ihrer Steuererklärung als Werbungskosten ansetzen. Die Meinung der Finanzverwaltung ist für den Steuerpflichtigen günstiger. Nach den Lohnsteuerrichtlinien werden Unfallkosten auf den Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte neben der Entfernungspauschale berücksichtigt.

Bundesfinanzhof zur Entfernungspauschale - kürzeste Straßenverbindung

Bundesfinanzhof Urteil vom 12.12.2013, VI R 49/13
Entfernungspauschale: Maßgebliche Straßenverbindung bei Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren

Tatbestand:
Ein Arbeitnehmer machte im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung Aufwendungen in Höhe von 1.452 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Er legte der Berechnung für die Entfernungspauschale 22 km als Entfernung zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte zugrunde. Für die Fahrten nutzte er ein Kraftfahrzeug.
Im Einkommensteuerbescheid erkannte das Finanzamt Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 726 EUR an (220 Tage x 11 km x 0,30 EUR). Hierbei legte es als kürzeste Straßenverbindung eine Strecke von 11 km zugrunde, die durch einen mautpflichtigen Tunnel führt.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Das FG hat der Berechnung der Entfernungspauschale zu Recht die Straßenverbindung über den A-Tunnel zugrunde gelegt.
....
Verkehrsgünstiger i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 2. Halbsatz EStG als die kürzeste Straßenverbindung ist die von dem Arbeitnehmer tatsächlich benutzte Straßenverbindung dann, wenn mit ihrer Benutzung eine Zeitersparnis oder sonstige Vorteile aufgrund von Streckenführung, Schaltung von Ampeln o.Ä. verbunden sind (z.B. Senatsurteil vom 16. November 2011 VI R 19/11, BFHE 236, 65, BStBl II 2012, 520).
Für die Beurteilung der Verkehrsgünstigkeit der anderen Straßenverbindung ist es unerheblich, wenn bei der Benutzung der kürzesten Strecke Straßenbenutzungsgebühren anfallen.

Bundesfinanzhof Urteil vom 24.09.2013, VI R 20/13
Entfernungspauschale: Maßgebliche Straßenverbindung bei straßenverkehrsrechtlichen Benutzungsverboten und bei der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren
Leitsätze:

1. Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG ist diejenige Verbindung, die von Kraftfahrzeugen mit bauartbestimmter Höchstgeschwindigkeit von mehr als 60 km/h befahren werden kann.
2. Für die Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung auch dann maßgeblich, wenn diese mautpflichtig ist oder mit dem vom Arbeitnehmer tatsächlich verwendeten Verkehrsmittel straßenverkehrsrechtlich nicht benutzt werden darf.

Der Kläger nutzte für die Fahrten zu seiner Arbeitsstätte ein Moped. Die kürzeste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verläuft durch einen mautpflichtigen Tunnel und beträgt 9 km. Der Tunnel darf nur mit Kraftfahrzeugen benutzt werden, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt. Das Moped des Klägers erreicht diese Geschwindigkeit nicht. Daher nutzt der Kläger eine Bundesstraße.
Er wollte in der Einkommensteuererklärung die längere Strecke von 27 km ansetzen. Das Finanzamt gewährte aber nur die 9 km.
Damit ist die kürzeste Straßenverbindung auch dann maßgeblich, wenn diese mit dem tatsächlich verwendeten Verkehrsmittel nicht benutzt werden darf.
Es geht dem Gesetzgeber und dem Gericht um den Vereinfachungsgedanken der Pauschalierung. Jede andere Entscheidung würde zu unsinnigen Einzelfallprüfungen führen.

Bundesfinanzhof Urteil vom 16.11.2011, VI R 19/11
"Offensichtlich verkehrsgünstigere" Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erfordert keine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten - Fehlende Aufteilung des beruflich veranlassten Anteils an Reisekosten bei Besuch einer Computermesse
Leitsätze:

Ob eine Straßenverbindung aufgrund einer zu erwartenden Zeitersparnis als "offensichtlich verkehrsgünstiger" anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Insbesondere ist nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten erforderlich.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Insbesondere kann nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von 20 Minuten gefordert werden, weil § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG für jeglichen Arbeitsweg anzuwenden ist und bei einer solchen Auslegung für kürzere Strecken, beispielsweise wenn die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf der kürzesten Strecke regelmäßig nur etwa 20 Minuten dauert, praktisch keinen Anwendungsbereich mehr hätte, weil in diesem Fall eine zeitliche Verkürzung auf der schnellsten Strecke nicht mehr als 20 Minuten ergeben könnte. Hieraus ist ersichtlich, dass zeitliche Erfordernisse ins Verhältnis zur Gesamtdauer der Fahrten gesetzt werden müssen. Entsprechend ist die Frage, ob eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Route angesehen werden kann, nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen. Ist allenfalls eine geringfügige Verkürzung von unter 10 % der für die kürzeste Verbindung benötigten Fahrzeit zu erwarten, so spricht viel dafür, dass diese minimale Zeitersparnis allein für einen verständigen Verkehrsteilnehmer keinen ausschlaggebenden Anreiz darstellen dürfte, eine von der kürzesten Verbindung abweichende Route zu wählen.

Bundesfinanzhof Urteil vom 16.11.2011, VI R 46/10
Keine Berücksichtigung einer tatsächlich nicht benutzten Verbindung als "offensichtlich verkehrsgünstigere" Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - Pauschalierung dient der Vereinfachung
Leitsätze:

  1. "Offensichtlich" verkehrsgünstiger i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG ist die vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung, wenn sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.
  2. Zu vergleichen sind die kürzeste und die vom Arbeitnehmer regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzte längere Straßenverbindung. Weitere mögliche, vom Arbeitnehmer tatsächlich aber nicht benutzte Fahrtstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bleiben dagegen unberücksichtigt.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, ist eine Straßenverbindung dann als verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine andere --längere-- Straßenverbindung nutzt und die Arbeitsstätte auf diese Weise trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975 VI R 33/74, BFHE 117, 70, BStBl II 1975, 852; BFH-Beschluss vom 10. April 2007 VI B 134/06, BFH/NV 2007, 1309; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. Dezember 2001 IV C 5-S 2351-300/01, BStBl I 2001, 994). "Offensichtlich" verkehrsgünstiger ist die vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung dann, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.

Entfernungspauschale bei zwei Fahrten zur Arbeitsstätte pro Tag

Das Hessische Finanzgericht hat in einem Urteil vom 06.02.2012 (4 K 3301/09) entschieden, dass mit der Entfernungspauschale auch die zweite tägliche Fahrt eines Arbeitnehmers zur Arbeitsstätte abgegolten ist.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist unbegründet, weil das Finanzamt in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden zu Recht jeweils nur für eine Fahrt pro Arbeitstag Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe der jeweiligen Entfernungspauschalen berücksichtigt hat. Die darüber hinausgehende Berücksichtigung der Entfernungspauschalen für eine zweite arbeitstägliche Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wird weder durch die für die Streitjahre geltende gesetzliche Regelung zugelassen, noch ist sie verfassungsrechtlich geboten.
....
Nach diesen gesetzlichen Regelungen ist für jeden Arbeitstag, an dem die Arbeitsstätte aufgesucht wird, der sich aus der Entfernung zur Wohnung ergebende Betrag anzusetzen, und zwar unabhängig davon, wie oft die Strecke je Arbeitstag zurückgelegt wird, welches Verkehrsmittel benutzt wird und welche Kosten tatsächlich angefallen sind. Dies ergibt sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte.
....
Es begegnet auch grundsätzlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass in die einmal pro Arbeitstag zu berücksichtigende Entfernungspauschale weitere Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte an einem Arbeitstag einbezogen sind. Zwar kommt es insoweit zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Steuerpflichtigen, die trotz geringerer tatsächlicher Aufwendungen ebenfalls die volle Entfernungspauschale erhalten, und zu einer weiteren Ungleichbehandlung dadurch, dass grundsätzlich zweimal am Tag anfallende Fahrtaufwendungen nicht doppelt berücksichtigt werden können. Diese Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips durch die lediglich einmalige Berücksichtigung einer Entfernungspauschale pro Tag verstößt jedoch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz weil insoweit der Gesetzgeber den ihm zur Verfügung stehenden Typisierungsspielraum nicht verletzt hat. Mehrfachfahrten, insbesondere Fahrten, die aufgrund von zeitlich weit auseinander liegenden Zeiten am selben Tag notwendig werden, stellen atypische Sachverhalte dar, die im Verhältnis zu der Mehrzahl der Steuerpflichtigen die Ausnahme sind.

Ausführliche Informationen zur Entfernungspauschale (alte Regelung bis 2013)


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