Grundlagen der Lohn- und Gehaltsabrechnung - Arbeitnehmer

Aktuelles

Versetzung außerhalb Deutschlands ist zulässig - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. November 2022 (5 AZR 336/21)
Auszug aus der Pressemitteilung 45/22 des Bundesarbeitsgerichts vom 30.11.2022:

Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist. § 106 GewO begrenzt das Weisungsrecht des Arbeitgebers insoweit nicht auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland. Die Ausübung des Weisungsrechts im Einzelfall unterliegt nach dieser Bestimmung allerdings einer Billigkeitskontrolle.

Leitsatz des Urteils:

1. Der Arbeitgeber kann aufgrund seines Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch einen Arbeitsplatz im Ausland zuweisen, wenn die möglichen Arbeitsorte nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder gesetzliche Vorschriften auf das Inland begrenzt sind. Eine Beschränkung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland ist dem Arbeitsvertrag als solchem nicht immanent.
2. Die Zuweisung eines Arbeitsorts im Ausland unterliegt wie jede Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle. Sofern die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, kommt dieser besonderes Gewicht zu, ohne dass das unternehmerische Konzept auf seine Zweckmäßigkeit zu überprüfen wäre.

Nebenjob als Notärztin oder Notarzt regelmäßig versicherungspflichtig aufgrund Beschäftigung - Bundessozialgericht, Urteile vom 19. Oktober 2021 (B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R, B 12 R 10/20 R)
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 19.10.2021:

Ärztinnen und Ärzte, die im Nebenjob immer wieder als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst tätig sind, sind währenddessen regelmäßig sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 19. Oktober 2021 in drei Fällen entschieden (Aktenzeichen: B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R, B 12 R 10/20 R).

Ausschlaggebend ist, dass die Ärztinnen und Ärzte während ihrer Tätigkeit als Notärztin und Notarzt in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert waren. Sie unterlagen Verpflichtungen, zum Beispiel der Pflicht, sich während des Dienstes örtlich in der Nähe des Notarztfahrzeuges aufzuhalten und nach einer Einsatzalarmierung durch die Leitstelle innerhalb einer bestimmten Zeit auszurücken. Dabei ist unerheblich, dass dies durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgegeben ist. Zudem nutzten sie überwiegend fremdes Personal und Rettungsmittel. Dass es sich dabei in einem Fall nicht um Rettungsmittel des betroffenen Landkreises als Arbeitgeber, sondern der Stadt handelte, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn der Arzt setzte jedenfalls keine eigenen Mittel in einem wesentlichen Umfang ein.

Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit fielen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Dass die Beteiligten davon ausgingen, die Tätigkeit erfolge freiberuflich beziehungsweise selbstständig, ist angesichts der Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung der Tätigkeit irrelevant. Zudem konnten die Ärztinnen und Ärzte nur dadurch ihren Verdienst vergrößern und damit unternehmerisch tätig werden, indem sie mehr Dienste übernahmen. Während der einzelnen Dienste - und nur darauf kommt es an - hatten sie insbesondere aufgrund ihrer Eingliederung in eine fremde Organisation keine Möglichkeit, ihren eigenen Gewinn durch unternehmerisches Handeln zu steigern.

Inwieweit auch unter Beachtung von § 23c Absatz 2 Satz 1 SGB IV Sozialversicherungsbeiträge nach zu fordern sind, ist nicht Gegenstand der Verfahren gewesen.


Ungarn und Polen scheitern mit Klagen gegen EU-Entsenderichtlinie - Rechtssache C-620/18 und Rechtssache C-626/18 vom 8. Dezember 2020


Arbeitnehmereigenschaft von "Crowdworkern" - Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Dezember 2020 (9 AZR 102/20)
Die vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann ergeben, dass Crowdworker als Arbeitnehmer anzusehen sind.


Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 dem Gesetzesbeschluss des Bundestages zur Übertragung der geänderten EU-Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie ins deutsche Recht zugestimmt.


Pflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig - Bundessozialgericht, Urteil vom 07.06.2019, B 12 R 6/18 R
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 07.06.2019:

Pflegekräfte, die als Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. ....
Unternehmerische Freiheiten sind bei der konkreten Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum denkbar. Selbstständigkeit kann nur ausnahmsweise angenommen werden. Hierfür müssen gewichtige Indizien sprechen. Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, zum Beispiel ein Auswahlrecht der zu pflegenden Personen oder bei der Reihenfolge der einzelnen Pflegemaßnahmen, reichen hierfür nicht. ....
An dieser Beurteilung ändert auch ein Mangel an Pflegefachkräften nichts: Die sowohl der Versichertengemeinschaft als auch den einzelnen Versicherten dienenden sozialrechtlichen Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht sind auch in Mangelberufen nicht zu suspendieren, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen "entlastete" und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.

Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig - Bundessozialgericht, Urteil vom 04.06.2019, B 12 R 11/18 R
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 04.06.2019:

Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. ....
Bei einer Tätigkeit als Arzt ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nicht von vornherein wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst "höherer Art" ausgeschlossen. Entscheidend ist, ob die Betroffenen weisungsgebunden beziehungsweise in eine Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Letzteres ist bei Ärzten in einem Krankenhaus regelmäßig gegeben, weil dort ein hoher Grad der Organisation herrscht, auf die die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben. ....
Ein etwaiger Fachkräftemangel im Gesundheitswesen hat keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht. Sozialrechtliche Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht können nicht außer Kraft gesetzt werden, um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen "entlastete" und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.

Arbeitnehmerbegriff

Die Frage, ob jemand eine selbstständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ausübt, ist ein zentrales Problem. Die Feststellung der sogenannten Arbeitnehmereigenschaft hat im Lohnsteuerrecht und im Sozialversicherungsrecht eine entscheidende Bedeutung.

Zunehmend versuchen Unternehmer weisungsabhängige Tätigkeiten aus ihrem Betrieb auszulagern und an selbständige Subunternehmer zu übertragen. Die Arbeitgeber versprechen sich bei der Ausgliederung die Einsparung von Lohnnebenkosten und die Verringerung arbeitsrechtlicher Risiken. Manche Arbeitnehmer sehen die selbstständige Tätigkeit als gewinnträchtiger an.

Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsrechts

Eine allgemeine Definition gibt es erst ab dem 01.04.2017 über den neuen § 611a BGB. In verschiedenen Gesetzen gibt es aber grundsätzliche Festlegungen:

§ 611 Bürgerliches Gesetzbuch (Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag)

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Jeder Arbeitsvertrag ist immer auch ein Dienstvertrag.

Das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes stand auf der Tagesordnung der 951. Sitzung des Bundesrates am 25.11.2016. Der Bundesrat hat zugestimmt. Damit tritt das Gesetz am 01.04.2017 in Kraft.
Dabei wird die von der Rechtsprechung entwickelte Abgrenzung von abhängiger zu selbstständiger Tätigkeit gesetzlich niedergelegt.
Dazu wird im BGB der § 611a mit folgendem Inhalt eingefügt:

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

§ 5 Arbeitsgerichtsgesetz (Begriff des Arbeitnehmers)

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.
(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.
(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

§ 84 Handelsgesetzbuch (Handelsvertreter - Selbständigkeit - Angestellter):

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.
....

§ 12a Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (Arbeitnehmerähnliche Personen):

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten entsprechend
  1. für Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind (arbeitnehmerähnliche Personen), wenn sie auf Grund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und
    1. überwiegend für eine Person tätig sind oder
    2. ihnen von einer Person im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht, das ihnen für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt zusteht; ist dies nicht voraussehbar, so sind für die Berechnung, soweit im Tarifvertrag nichts anderes vereinbart ist, jeweils die letzten sechs Monate, bei kürzerer Dauer der Tätigkeit dieser Zeitraum, maßgebend,
  2. für die in Nummer 1 genannten Personen, für die die arbeitnehmerähnlichen Personen tätig sind, sowie für die zwischen ihnen und den arbeitnehmerähnlichen Personen durch Dienst- oder Werkverträge begründeten Rechtsverhältnisse.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20.08.2003 - 5 AZR 610/02
Arbeitnehmerbegriff; Handelsvertreter
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (Senat 16. Februar 2000 - 5 AZB 71/99 - BAGE 93, 310; 26. September 2002 - 5 AZB 19/01 - AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 83 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 57). Das Arbeitsverhältnis ist ein auf den Austausch von Arbeitsleistung und Vergütung gerichtetes Dauerschuldverhältnis. Die vertraglich geschuldete Leistung ist im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (Arbeitgebers) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Senat 22. April 1998 - 5 AZR 342/97 - BAGE 88, 263 mwN; 19. Januar 2000 - 5 AZR 644/98 - BAGE 93, 218, 222). Selbständig ist dagegen, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. Für die Abgrenzung hat sich das Gesetz im Bereich der Vermittlung von Geschäften und Versicherungen für Dritte auf diese beiden Kriterien beschränkt. Zwar sind dabei alle Umstände des Falles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich jedoch diesen gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist das letztere maßgebend. Dabei kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls an (Senat 6. Mai 1998 - 5 AZR 347/97 - BAGE 88, 327, 335; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 566/98 - AP HGB § 84 Nr. 9 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 78; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - BAGE 95, 324).

Steuerlicher Arbeitnehmerbegriff

§ 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung:

(1) Arbeitnehmer sind Personen, die in öffentlichem oder privatem Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Arbeitnehmer sind auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen.
(2) Ein Dienstverhältnis (Absatz 1) liegt vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber (öffentliche Körperschaft, Unternehmer, Haushaltsvorstand) seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
(3) Arbeitnehmer ist nicht, wer Lieferungen und sonstige Leistungen innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt, soweit es sich um die Entgelte für diese Lieferungen und sonstigen Leistungen handelt.

Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne ist damit:

  • Wer in den Betrieb eines Arbeitgebers eingebunden ist.
  • Wer Weisungsgebunden ist.
  • Wer kein Unternehmerrisiko trägt.

Sozialversicherungsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff

§ 7 Abs. 1 SGB IV:

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist, wer persönlich und wirtschaftlich vom Arbeitgeber abhängig ist.

Es existiert eine weitgehende Übereinstimmung zwischen dem steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Schwierig wird es bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH. Wird der Gesellschafter einer GmbH als Geschäftsführer für die GmbH tätig, so spricht man von einem Gesellschafter-Geschäftsführer. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2010 (VIII R 34/08) ist die Frage, ob ein Steuerpflichtiger eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. GmbH-Gesellschafter sind regelmäßig Selbständige, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 v.H. des Stammkapitals innehaben.

Besteht Unklarheit über die Arbeitnehmereigenschaft, können Selbstständige (Arbeitnehmer) oder ihre Auftraggeber bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Statusfeststellung einleiten, durch die eine Tätigkeit als selbstständig oder Beschäftigung definiert wird.

Der Arbeitgeber kann auch eine Auskunft beim Finanzamt (Anrufungsauskunft nach § 42e EStG) einholen.

Informationen zum Zahlungsverzug des Arbeitgebers

Die Insolvenz des Arbeitgebers - Ablauf und Verfahren

Damit haben wir folgende Gruppen von Erwerbstätigen:

  1. Arbeitnehmer
    wirtschaftlich und persönlich abhängig; Anwendung des Arbeitsrechts
  2. Arbeitnehmerähnliche Personen
    wirtschaftlich abhängig, persönlich selbständig; beschränkte Anwendung des Arbeitsrechts (§ 5 Arbeitsgerichtsgesetz)
    Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub (§ 2 Bundesurlaubsgesetz)
    Regelung der Beschäftigungsbedingungen durch Tarifvertrag möglich (§ 12a Tarifvertragsgesetz)
  3. Beamte
    Angehörige des öffentlichen Dienstes, die zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
  4. Selbständige
    wirtschaftlich und persönlich selbständig; keine Anwendung des Arbeitsrechts

Scheinselbständige sind ganz normale Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber fälschlich wie Selbständige behandelt werden.

Der Beschäftigungsort

Einige gesetzliche Festlegungen nehmen auf den Beschäftigungsort Bezug.
Wenn sich der Wohnort und der Beschäftigungsort von Arbeitnehmern in unterschiedlichen Bundesländern mit unterschiedlichen Feiertagsregelungen befinden, sind die Feiertagsregelungen des Beschäftigungsorts entscheidend.
In der Pflegeversicherung ist der Beschäftigungsort Sachsen von Bedeutung (wegen der anderen Aufteilung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil).

Den Beschäftigungsort definiert § 9 SGB IV:

(1) Beschäftigungsort ist der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.
(2) Als Beschäftigungsort gilt der Ort, an dem eine feste Arbeitsstätte errichtet ist, wenn Personen
  1. von ihr aus mit einzelnen Arbeiten außerhalb der festen Arbeitsstätte beschäftigt werden oder
  2. außerhalb der festen Arbeitsstätte beschäftigt werden und diese Arbeitsstätte sowie der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, im Bezirk desselben Versicherungsamts liegen.
(3) Sind Personen bei einem Arbeitgeber an mehreren festen Arbeitsstätten beschäftigt, gilt als Beschäftigungsort die Arbeitsstätte, in der sie überwiegend beschäftigt sind.
(4) Erstreckt sich eine feste Arbeitsstätte über den Bezirk mehrerer Gemeinden, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem die Arbeitsstätte ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt hat.
(5) Ist eine feste Arbeitsstätte nicht vorhanden und wird die Beschäftigung an verschiedenen Orten ausgeübt, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem der Betrieb seinen Sitz hat. Leitet eine Außenstelle des Betriebs die Arbeiten unmittelbar, ist der Sitz der Außenstelle maßgebend. Ist nach den Sätzen 1 und 2 ein Beschäftigungsort im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs nicht vorhanden, gilt als Beschäftigungsort der Ort, an dem die Beschäftigung erstmals im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs ausgeübt wird.
....

Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit

Ausschlaggebend für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit sind immer die Gesamtumstände des Einzelfalles. Die Rechtsprechung hat eine Reihe von Merkmalen entwickelt, die bei der Abgrenzung helfen.

Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit sind:

  • Tätigwerden für mehrere Arbeitgeber
  • Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern, gegenüber denen Weisungsbefugnis besteht

Merkmale für eine abhängige Beschäftigung sind:

  • die Verpflichtung, in Räumen des Auftraggebers zu arbeiten
  • die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten
  • die Verpflichtung, dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte abzugeben
  • das Verbot, eigene Arbeitnehmer einzustellen

Ein aktueller Fall vom Sozialgericht Dortmund (11.03.2019; S 34 BA 68/18) urteilt auf Scheinselbstständigkeit trotz weiterer Tätigkeiten.
Seit 2008 war eine ehemalige Arbeitnehmerin des Unternehmens dort als "selbstständige" Lohnbuchhalterin tätig. Als der bisherige Lohnbuchhalter im Jahre 2008 erkrankt sei, habe sie diese Aufgabe übernommen. Es gab keinen schriftlichen Vertrag. Auf der Grundlage von 35 Arbeitsstunden pro Monat zahle die Klägerin ihr einen monatlichen Pauschalbetrag von aktuell 2.000,00 EUR. Sie führte ihre Tätigkeit in den Räumen der Klägerin aus.
Nach Ansicht des Gerichts sprechen für eine abhängige Beschäftigung der Lohnbuchhalterin, dass sie in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliedert ist und ihre Arbeitsleistung im Wesentlichen in eigener Person zu erbringen hat. Aus den Umständen des mündlich zwischen den Beteiligten geschlossenen Arbeitsvertrages ergibt sich, dass das Unternehmen gerade auf die Fachkenntnisse der ihr bereits aus der Ausbildung und der nachfolgenden Beschäftigung bekannten Frau Wert legte und deshalb eine persönliche Leistungserbringung erwartete. Die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, stellt aber ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar (BSG, Urteil vom 17.12.2014, SozR 4-2400 § 28 p Nr.4).
Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin ergibt sich daraus, dass die Beigeladene das Computersystem und weitere Arbeitsmittel der Klägerin nutzt und auch im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung mit Mitarbeitern der Klägerin zusammenarbeitet. Nichts anderes bedeutet es, wenn die Beigeladene darlegt, dass sie in Zweifelsfällen Klärungen in Zusammenarbeit mit der Betriebsleitung bzw. anderen Mitarbeitern der Klägerin herbeiführt. Die Beigeladene ist in ihrer Tätigkeit von Weisungen der Klägerin abhängig. Zunächst hat sie ihre Aufgaben im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen Vorgaben zu erledigen und dabei auch Wünsche der Klägerin zu berücksichtigen. Fehlende Einzelweisungen in der betrieblichen Praxis sind gerade bei höher qualifizierten Tätigkeiten kein Indiz für eine grundsätzliche Weisungsfreiheit des Beschäftigten. Es ist auch weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass und in wieweit sich die Aufgabenerledigung der Beigeladenen von derjenigen ihres abhängig beschäftigten Vorgängers unterscheidet. Die Beigeladene ist hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten nicht völlig frei, sondern sie hat sie an den sich ergebenden Notwendigkeiten der betrieblichen Aufgabenstellungen auszurichten.
Der Umstand, dass die Beigeladene für die Klägerin lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt und im Übrigen sowohl weitere abhängig beschäftigte Teilzeittätigkeiten als auch Arbeiten als selbstständige Lohnbuchhalterin verrichtet, ist für die Beurteilung der vorliegenden Tätigkeit ohne Belang. Zu würdigen sind vorliegend nur die Umstände der Tätigkeit für die Klägerin.
Die Beigeladene setzt für ihre Tätigkeit bei der Klägerin kein eigenes Kapital ein und hat auch kein erhebliches Unternehmerrisiko. Die Mietung eines Büros ist für die hier zu beurteilende Tätigkeit nicht erforderlich, weil der Beigeladenen die Geschäftsräume der Klägerin zur Verfügung stehen. Die kostenfreie Nutzung eines Arbeitsplatzes in den Räumen der Klägerin und die Nutzung der Arbeitsmittel der Klägerin sind ein weiteres Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Die Zahlung eines Festgehaltes lässt die Annahme eines Unternehmerrisikos bei der Beigeladenen nicht zu.
In der Gesamtwürdigung der Umstände der Tätigkeit der Beigeladenen bei der Klägerin kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Beigeladenen in dem Betrieb der Klägerin und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess der Klägerin in den Vordergrund treten.

Im Zweifelsfall kann man einen Bescheid der Krankenkasse verlangen oder das Statusfeststellungsverfahren bei der Rentenversicherung einleiten.

In der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 8./9. Mai 2012 ging es auch um das Thema der Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit. Im Punkt 1 wurde die versicherungsrechtliche Beurteilung von zeitlich begrenzt eingesetzten Pflegepersonen in Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen dargestellt. Auszug aus dem Inhalt:

Pflegepersonen, die zeitlich begrenzt in Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen tätig sind (z. B. Anästhesieschwestern/-pfleger, OP-Fachkräfte, Stationsschwestern/-pfleger, Altenpflegerinnen/-pfleger), um dort Krankheits- bzw. Urlaubsvertretungen zu übernehmen oder sonstige außergewöhnliche Arbeitsbelastungen zu kompensieren, stehen - wie das von ihnen vertretene Stammpflegepersonal - mithin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV.

Bundesfinanzhof Urteil vom 18.6.2015, VI R 77/12
Leitsätze:

1. Die Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausgeübt wird, ist anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. In diese Gesamtwürdigung ist auch einzubeziehen, wie das der Beschäftigung zugrunde liegende Vertragsverhältnis ausgestaltet worden ist, sofern die Vereinbarungen ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt worden sind (Bestätigung der ständigen Senatsrechtsprechung, Urteil vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661).
2. Diese Gesamtwürdigung ist als eine im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Allerdings ist die Gesamtwürdigung materiell-rechtlich fehlerhaft, wenn die Tatsacheninstanz die maßgeblichen Umstände nicht vollständig oder ihrer Bedeutung entsprechend in ihre Überzeugungsbildung einbezieht.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Vereinbaren die Vertragsparteien eine Vergütung auf der Basis von Erfolgshonoraren, ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass kein lohnsteuerrechtlich erhebliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sofern diese Vereinbarung den tatsächlichen Verhältnissen nicht widerspricht. Diesen Umstand hat das FG nur unzureichend berücksichtigt. Das FG hat ein Unternehmerrisiko der Interviewer damit verneint, dass die Klägerin faktisch "ein begrenzt variables Stundenhonorar" gezahlt habe. Eine solche Würdigung verkennt indessen bereits, dass Stundenhonorare auch im Rahmen von selbständigen und gewerblichen Tätigkeiten durchaus üblich sind. So rechnen etwa selbständig tätige Handwerker ihre Leistungen regelmäßig auf Stundenbasis ab und auch selbständig tätige Rechtsanwälte stellen Honorare auf Stundenbasis in Rechnung (Senatsurteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661). Die Erwägung des FG, ein maßgebliches Unternehmerrisiko sei nicht darin zu sehen, dass es die jeweiligen Interviewer nach Maßgabe des Rahmenhonorars in der Hand gehabt hätten, durch mehr Befragungen pro Zeiteinheit ihr Honorar zu steigern, berücksichtigt nicht hinreichend, dass auch andere zweifelsohne selbständig Tätige ihre Einkünfte ebenfalls nur durch entsprechend zügigere oder zusätzliche Arbeit steigern können, etwa wenn es branchen- oder ortsübliche Stundenhonorarsätze gibt.

Statusfeststellungsverfahren für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH sowie mitarbeitende Ehegatten und Lebenspartner des Arbeitgebers

Die Beurteilung der Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist bei Gesellschaftern und Mitunternehmern, die im Betrieb mitarbeiten, besonders schwierig. Entscheidend ist in erster Linie die Rechtsform des Unternehmens.

Bei der Beschäftigung von Ehegatten gibt es einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Neuregelung der Problematik der Sozialversicherungspflicht für mitarbeitende Familienangehörige erfolgte mit dem IV. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") zum 01.01.2005.

Beschäftigungsverhältnisse zwischen Ehegatten führen zur Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, wenn nicht nur eine Mithilfe auf Grund der Familienzugehörigkeit, sondern ein Vertragsverhältnis besteht, wie es auch zwischen Dritten üblich ist. Das Arbeitsverhältnis muss klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt werden.

Seit dem 01.01.2008 werden auch die Beschäftigungen von sog. Abkömmlingen (Kinder und Enkel), einer besonderen Überprüfung unterzogen.

Im Datensatz "Meldung zur Sozialversicherung" sind zwei Statuskennzeichen enthalten.

  • Das Statuskennzeichen 1 ist für ein Beschäftigungsverhältnis zum Arbeitgeber als Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling anzugeben.
  • Das Statuskennzeichen 2 ist für eine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH anzugeben.

Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund

Aufgrund des Statuskennzeichens 1 prüft die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund von Amt wegen, ob diese zu Recht als versicherungspflichtig Beschäftigte angemeldet wurden. Es wird also ohne Antrag der Betroffenen oder ihrer Arbeitgeber ihr Status als Beschäftigter sozialversicherungsrechtlich überprüft. Anschließend wird eine verbindliche Entscheidung in Form eines Verwaltungsakts getroffen.

Die Zuständigkeit für die Beurteilung der Versicherungsverhältnisse war bis 31.05.2010 zweigeteilt.

Anmeldungen mit dem Statuskennzeichen 2 (geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH) erhielt die Clearingstelle der DRV Bund ohne weitere Prüfungen durch die Einzugsstellen (Krankenkassen).

Wurde das Statuskennzeichen 1 gemeldet, hat die Einzugstelle erst einmal einen Fragebogen an den Betrieb versandt. Bei Feststellung der Versicherungspflicht (keine Anzeichen für Mitunternehmerschaft) wurde der Rentenversicherungsträger informiert. Diese Entscheidung war bindend für den Rentenversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit. Damit war ausgeschlossen, dass die Bundesagentur bei einer Arbeitslosigkeit des Ehepartners/Lebenspartners (trotz jahrelanger Beitragszahlung) die Zahlung von Arbeitslosengeld ablehnt, weil sie von einer Mitunternehmereigenschaft ausgeht.

Ab 01.06.2010 führt allein die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund das Statusfeststellungsverfahren durch. Alle Anmeldungen mit dem Abgabegrund 10 (Beginn der Beschäftigung) und dem Statuskennzeichen 1 oder 2 werden von den Einzugstellen (Krankenkassen) direkt an die Clearingstelle der DRV Bund weitergeleitet. Diese versendet dann den entsprechenden Fragebogen an den Arbeitgeber. Innerhalb von 4 Wochen nach Eingang aller Angaben bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund soll der verbindliche Bescheid beim Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vorliegen. Im DEÜV-Meldeverfahren ändert sich für die Arbeitgeber nichts.

Rundschreiben zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen vom 01.04.2022 (Das aktualisierte Rundschreiben löst mit Wirkung ab 01.04.2022 das bisherige Rundschreiben vom 21.03.2019 ab.)

Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist berechtigt, Bescheide zur Versicherungspflicht einer als Einzugsstelle handelnden gesetzlichen Krankenkasse mit dem Argument anzufechten, ihre Alleinzuständigkeit im obligatorischen Clearingstellenverfahren sei verletzt. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 16.07.2019 in zwei Urteilen entschieden und dadurch Revisionen der beklagten BKK24 zurückgewiesen (B 12 KR 6/18 R und B 12 KR 5/18 R).
Auszug aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 16.07.2019:

Geht es um Tätigkeitsverhältnisse unter Eheleuten oder Eltern und Kindern ist nicht die Einzugsstelle, sondern die Deutsche Rentenversicherung Bund berechtigt, im obligatorischen Clearingstellenverfahren nach § 7a Absatz 1 Satz 2 SGB IV das Bestehen oder Nichtbestehen von versicherungspflichtiger Beschäftigung festzustellen. Ihre Zuständigkeit ist als wehrhaftes Recht ausgestaltet. Der Clearingstelle ist die Aufgabe eines herausgehobenen Statusentscheiders mit besonderer Gemeinwohlverantwortung in Fällen zugewiesen, in denen es typischerweise an einem Interessengegensatz der Vertragspartner des Tätigkeitsverhältnisses fehlt. Das obligatorische Clearingstellenverfahren dient einerseits dem Schutz der Beschäftigten in einem besonderen Näheverhältnis zum Arbeitgeber: Ihnen soll aus Gründen der Rechtssicherheit zügig und von Amts wegen eine objektive Entscheidung einer neutralen Stelle über die Versicherungspflicht zukommen, die unter Umständen auch eine leistungsrechtliche Bindung der Bundesagentur für Arbeit nach § 336 SGB III bewirkt. Andererseits wird auch die Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten geschützt: Weder Beschäftigte noch Arbeitgeber oder die im Wettbewerb untereinander stehenden Krankenkassen mit ihren Einzugsstellen dürfen über die Versicherungspflicht frei disponieren. Die Alleinzuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund ist durch die angefochtenen Bescheide der beklagten BKK24 verletzt worden. Das obligatorische Clearingstellenverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn die Einzugsstelle auf andere Weise als aus einer förmlichen Meldung des Arbeitgebers über den Beschäftigungsbeginn oder den Krankenkassenwechsel Kenntnis davon erlangt hat, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist. Voraussetzung ist lediglich, dass der Arbeitgeber der Einzugsstelle gegenüber aufgrund objektiver Umstände seine Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zum Ausdruck gebracht hat. Dies war in allen Fällen erfüllt.

Besonderheit in der gesetzlichen Unfallversicherung

Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 21.02.2013 (L 10 U 5019/11) entschieden, dass die Statusentscheidung der Clearingstelle nicht für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gilt.

LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.2.2013, L 10 U 5019/11
Gesetzliche Unfallversicherung - Versicherungspflicht - abhängige Beschäftigung - keine Bindungswirkung einer Statusentscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund gem § 7a SGB 4 gegenüber gesetzlichem Unfallversicherungsträger
Leitsätze:

Eine Statusentscheidung nach § 7a SGB IV entfaltet gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung keine Bindungswirkung, auch dann nicht, wenn die Statusentscheidung feststellt, dass eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Auszug aus den Entscheidungsgründen:

Aus dem Regelungsinhalt des § 7a SGB IV ergibt sich vielmehr, dass der Unfallversicherungsträger von einer solchen Statusentscheidung inhaltlich nicht betroffen wird. Denn mit dieser Regelung wird die Deutsche Rentenversicherung Bund gerade nicht ermächtigt, für alle Bereiche des Sozialgesetzbuches eine verbindliche Entscheidung über das (Nicht)Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu treffen (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 R 11/07 R in SozR 4-2400 § 7a Nr. 2). Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat vielmehr im Rahmen des § 7a SGB IV - an Stelle der sonst für die Sicherstellung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages zuständigen Versicherungsträger (Einzugsstellen, § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV, und Träger der Rentenversicherung, § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) - ausschließlich über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden (BSG, a.a.O.). Denn nur auf diese Versicherungszweige erstreckt sich der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (vgl. § 28d SGB IV). Damit beschränkt sich auch die Entscheidungsbefugnis der Deutschen Rentenversicherung Bund im Rahmen des § 7a SGB IV auf diese Versicherungszweige und erstreckt sich somit nicht auf die gesetzliche Unfallversicherung.

Für die Zulassung der Revision bestand nach Ansicht der Richter keine Veranlassung.

Steuerpflicht

Ein Arbeitnehmer kann unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sein.

Unbeschränkt steuerpflichtig Beschränkt steuerpflichtig
Unbeschränkt steuerpflichtig sind Personen, die im Inland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Es ist davon auszugehen, dass bei einem Aufenthalt von mehr als sechs Monaten bereits die Voraussetzungen für einen gewöhnlichen Aufenthalt und somit für die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland erfüllt sind. Als beschränkt steuerpflichtig gelten Personen, die in Deutschland keinen Wohnsitz oder keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Mit ihren Einkünften, die sie in Deutschland beziehen, sind sie beschränkt steuerpflichtig. Die Steuerpflicht beschränkt sich auf die in § 49 EStG aufgeführten inländischen Einkünfte. Der beschränkten deutschen Steuerpflicht unterliegt grundsätzlich nur der Arbeitslohn, der auf die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit entfällt.
Der unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer musste dem Arbeitgeber bis 2013 eine Lohnsteuerkarte (siehe Arbeitspapiere) vorlegen. Diese wurde von der Wohnortgemeinde ausgestellt.
Im Jahr 2013 wurde die Lohnsteuerkarte durch ein elektronisches System (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale - ELStAM) ersetzt. Der Arbeitgeber ist dabei verpflichtet, die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer für den Abruf der ELStAM anzumelden und die ELStAM für die darauf folgende nächste Lohnabrechnung abzurufen. Diese sind in das Lohnkonto zu übernehmen und gemäß der zeitlichen Gültigkeitsangabe anzuwenden. Die Besonderheiten werden auf der Seite Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale erläutert.
Für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer gab es früher keine Lohnsteuerkarte und es werden bis Ende 2019 auch keine ELStAM bereitgestellt. Beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer erhalten eine Lohnsteuerabzugsbescheinigung. Diese Bescheinigung ist vom Arbeitnehmer mit einem Vordruck bei dem für den Arbeitgeber zuständigen Finanzamt (Betriebsstättenfinanzamt) zu beantragen. Der Arbeitgeber kann den Antrag auch im Namen des Arbeitnehmers stellen. Die Bescheinigung ist dem Arbeitgeber vor Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis vorzulegen.
Der elektronische Abruf der Lohnsteuerabzugsmerkmale im ELStAM-Verfahren für gemäß § 1 Absatz 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer wurde zum 1. Januar 2020 freigeschaltet. Arbeitgeber haben ab diesem Zeitpunkt die Lohnsteuerabzugsmerkmale für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer abzurufen.
Voraussetzung für die Teilnahme von Arbeitnehmern am ELStAM-Verfahren ist die Zuteilung einer Identifikationsnummer.
Zur Beantragung der Identifikationsnummer wird ein bundeseinheitlicher Vordruck zur Verfügung gestellt (BMF-Schreiben vom 07.11.2019).

Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat zum Jahresbeginn 2014 die Zuständigkeit für das Steuerabzugs- und Veranlagungsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen übernommen. Bisher waren hierfür die Finanzbehörden der Länder zuständig.
Beim BZSt anzumelden sind Vergütungen die nach dem 31. Dezember 2013 beschränkt Steuerpflichtigen zufließen. Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2014 zufließen, sind weiterhin bei den Finanzbehörden der Länder anzumelden.

Datenschutz von Arbeitnehmern

Die Datenschutzrechte für Arbeitnehmer und die Datenschutzpflichten für Arbeitgeber stehen in der Datenschutz-Grundverordnung.

Neben der Datenschutz-Grundverordnung gilt das Bundesdatenschutzgesetz, das im § 26 eine Vorschrift zum Beschäftigungsverhältnis enthält.
§ 26 Bundesdatenschutzgesetz:

(1) Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten nur dann verarbeitet werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Verarbeitung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse der oder des Beschäftigten an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
....

Senkung der Steuer- und Abgabenlast

Eine Lohnerhöhung führt häufig zu überproportional steigenden Steuern und Sozialabgaben. Durch steuerfreie Arbeitgeberleistungen kommt die Lohnerhöhung ungeschmälert beim Arbeitnehmer an. Davon profitieren beide Seiten. Der Arbeitnehmer hat mehr davon und der Arbeitgeber spart die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung.

Durch steuerfreie bzw. steuerbegünstigte Lohnbestandteile kann die Steuer- und Abgabenlast von Arbeitnehmern reduziert werden. Viele steuerfreie bzw. steuerbegünstigte Zuwendungen sind auch von der Sozialversicherungspflicht befreit.

Gehaltsextras statt klassischer Gehaltserhöhung - Benefits

Auf der Seite Lohnarten werden in alphabetischer Reihenfolge die Lohnarten mit ihrer Behandlung in der Lohnsteuer und Sozialversicherung aufgeführt. Als Lohnarten werden die in der Lohn- und Gehaltsabrechnung abzurechnenden Vorgänge bezeichnet.

Entsendung von Mitarbeitern - Entsenderichtlinie - Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen

Ein "entsandter Arbeitnehmer" ist ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber in ein anderes Land geschickt wird, um dort während eines begrenzten Zeitraums eine Dienstleistung zu erbringen.

Die Richtlinie 96/71/EG sieht bislang nur vor, dass entsendende Unternehmen einige Mindeststandards in dem jeweiligen Aufnahmestaat einhalten müssen. In vielen Fällen kommt es jedoch zu Einkommensunterschieden und einer Wettbewerbsverzerrung, da die tatsächlichen Standards für die lokalen Arbeitnehmer höher sind.

Deutschland hat die Richtlinie 96/71/EG durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz umgesetzt. Ziele des Gesetzes sind die Schaffung und Durchsetzung angemessener Mindestarbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie die Gewährleistung fairer und funktionierender Wettbewerbsbedingungen durch die Erstreckung der Rechtsnormen von Branchentarifverträgen. Dadurch sollen zugleich sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erhalten und die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie gewahrt werden.

Am 8. März 2016 hat die Europäische Kommission eine Überarbeitung der Bestimmungen über die Entsendung von Arbeitnehmern in der EU vorgeschlagen. Der Kommissionsvorschlag wurde am 28.06.2018 angenommen. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen, und müssen sie bis zum Ende dieses Zeitraums in Kraft setzen.

Der Bundesrat hat am 3. Juli 2020 dem Gesetzesbeschluss des Bundestages zur Übertragung der geänderten EU-Arbeitnehmer-Entsenderichtlinie ins deutsche Recht zugestimmt. Das Gesetz wurde am 16.07.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die Umsetzung der Änderungsrichtlinie erfordert in erster Linie Änderungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Ziel: Gleiche Arbeitsbedingungen für ausländische Beschäftigte

  • Arbeitnehmer, die zeitweise in ein anderes EU-Land entsandt werden, müssen für gleiche Arbeit am gleichen Ort den gleichen Lohn erhalten. Dadurch erhalten aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Mindestlohn bzw. auf Tariflohn aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen. Ausgenommen sind regionale Tarifverträge.
  • Ausländischen Beschäftigten stehen künftig Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Schmutz- und Gefahrenzulagen zu. Bezahlen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Zulagen für Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten, dann dürfen sie nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
  • Für ausländische Beschäftigte gelten nach 12 Monaten alle in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen. Nur in begründeten Fällen dürfen Arbeitgeber eine Fristverlängerung von sechs Monaten verlangen.
  • Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat für den Aufbau und die Unterhaltung von Beratungsstellen zu arbeits- und sozialrechtlichen Themen sowie für die in diesem Zusammenhang erfolgende Entwicklung und Bereitstellung von Fortbildungsangeboten und Informationsmaterialien einen kalenderjährlichen Anspruch in Höhe von bis zu 3,996 Millionen Euro aus Mitteln des Bundes.
  • Erweiterung der Prüfzuständigkeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit auf zusätzliche Arbeitsbedingungen (Kontrollen gegen Lohndumping und unzureichende Unterkünfte von Arbeitnehmern).
  • Das Gesetz tritt überwiegend am 30. Juli 2020 in Kraft treten.

Ungarn und Polen scheitern mit Klagen gegen EU-Entsenderichtlinie - Rechtssache C-620/18 und Rechtssache C-626/18 vom 8. Dezember 2020
Auszug aus der Zusammenfassung des Urteils des Gerichtshofs (Große Kammer) vom 8. Dezember 2020:

Der Gerichtshof weist die Nichtigkeitsklagen Ungarns und Polens gegen die Richtlinie zur Stärkung der Rechte entsandter Arbeitnehmer ab. Insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung des Binnenmarkts nach den schrittweisen Erweiterungen der Union durfte der Unionsgesetzgeber eine Neubewertung der Interessen der Unternehmen, die vom freien Dienstleistungsverkehr Gebrauch machen, und der Interessen ihrer in einen Aufnahmemitgliedstaat entsandten Arbeitnehmer vornehmen, um sicherzustellen, dass der freie Dienstleistungsverkehr unter gleichen Wettbewerbsbedingungen für diese Unternehmen und die des Aufnahmemitgliedstaats erfolgt.

In einigen europäischen Ländern reicht es nicht aus, dass der Arbeitnehmer eine A1-Bescheinigung hat.

Bei einer Entsendung in die Niederlande müssen Arbeitgeber ab 1. März 2020 ihre Arbeitnehmer online melden. Die Meldung muss vor Durchführung der Arbeiten erfolgen.
Die Meldung erfolgt über ein Portal des niederländischen Ministeriums für Arbeit und Soziales in deutscher Sprache.

Bei einer Entsendung nach Schweden müssen Arbeitgeber ab 30. Juli 2020 ihre Arbeitnehmer spätestens am ersten Arbeitstag zusätzlich beim Schwedischen Zentralamt für Arbeitsumwelt (Arbetsmiljöverket) anmelden. Bis Mitte 2020 galt noch eine Bagatellgrenze vor fünf Tagen. Die Anmeldung funktioniert online auf deutsch.

Ausländische Saisonkräfte

Bei Saisonkräften aus anderen EU-Staaten stellt sich die Frage, ob deutsches Recht Anwendung findet.

Ein Arbeitnehmer soll nur in dem System eines Staates versichert sein. Je nach Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe, richtet sich die Sozialversicherung also entweder nach den Vorschriften des Wohnstaates oder nach deutschem Recht.

Für nicht erwerbstätige Personen (Hausfrauen, Rentner, Studenten, Arbeitslose) gilt deutsches Recht in der Sozialversicherung.

Sind Saisonkräfte in ihrem Wohnstaat weiterhin beschäftigt, bleiben sie auch in ihrem Wohnstaat versichert (Arbeitseinsatz in Deutschland während eines bezahlten Urlaubs). Die Zugehörigkeit zum System ihres Wohnstaates weisen sie durch Vorlage der Bescheinigung A1 (bis 30.04.2010 Bescheinigung E 101) nach. Diese Bescheinigung muss rechtzeitig vor dem Arbeitseinsatz in Deutschland beim zuständigen Sozialversicherungsträger im Heimatland beantragt werden. Nachdem Recht des Heimatstaates entscheidet es sich, ob für die in Deutschland verrichtete Saisonarbeit Beiträge zur ausländischen Sozialversicherung zu entrichten sind. Der deutsche Arbeitgeber muss dann gegebenenfalls die nach dem Recht des Heimatstaates bestehenden Arbeitgeberpflichten erfüllen und die Beiträge aus dem in Deutschland gezahlten Arbeitsentgelt an den ausländischen Sozialversicherungsträger überweisen.

Wenn die ansonsten im EU-Ausland beschäftigte Person eine Saisonarbeit in Deutschland während eines unbezahlten Urlaubs ausübt, gilt deutsches Recht in der Sozialversicherung.

In ihrem Wohnstaat selbstständig Tätige, die als Saisonkräfte nach Deutschland kommen, werden grundsätzlich nach dem Recht ihres Wohnstaates behandelt.

Damit ergibt sich folgende Übersicht:

Personenkreis Gültiges Versicherungsrecht in der Sozialversicherung
Saisonkräfte sind in ihrem Wohnstaat weiterhin beschäftigt (Arbeitseinsatz in Deutschland während eines bezahlten Urlaubs) Zugehörigkeit zum System ihres Wohnstaates.
Saisonkräfte sind in ihrem Wohnstaat selbstständig tätige Personen Zugehörigkeit zum System ihres Wohnstaates.
Saisonkräfte sind in ihrem Wohnstaat nicht erwerbstätige Personen (Hausfrauen, Rentner, Studenten, Arbeitslose) Es gilt deutsches Recht in der Sozialversicherung.
Saisonkräfte sind in ihrem Wohnstaat weiterhin beschäftigt (Arbeitseinsatz in Deutschland während eines unbezahlten Urlaubs) Es gilt deutsches Recht in der Sozialversicherung.

Für ausländische Personen, die durch die Bescheinigung A1 (bis 30.04.2010 Bescheinigung E 101) nachgewiesen haben, dass sie den Vorschriften ihres Wohnstaates in der Sozialversicherung unterliegen, waren früher Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) zu entrichten. Mit dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 26.08.2009 trat hier folgende Änderung ein:
Saisonarbeitskräfte, die im Besitz einer Bescheinigung A1 (bis 30.04.2010 Bescheinigung E 101) sind und im Rahmen dessen auch Anspruch auf Geldleistungen im Krankheitsfall und bei Mutterschaft haben, sind nicht in das Verfahren zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach dem AAG eingebunden. Sie bleiben daher bei der Feststellung der Arbeitnehmerzahl unberücksichtigt. Für diese Personen sind Umlagebeträge nicht zu entrichten. Etwaige Aufwendungen des Arbeitgebers für Entgeltfortzahlung bzw. im Falle der Mutterschaft sind nicht erstattungsfähig.

Elektronisches Antrags- und Bescheinigungsverfahren A1
Nach einer zweijährigen Übergangszeit wird das elektronische Verfahren ab 01.01.2019 obligatorisch. In begründeten Einzelfällen werden bis zum 30.06.2019 papiergebundene Anträge auf Ausstellung der A1-Bescheinigung entgegengenommen. Ab dem 01.07.2019 wird das elektronische A1-Bescheinigungsverfahren verpflichtend.

Im elektronischen Meldeverfahren zur Beantragung der A1-Entsendebescheinigung gibt es zum 01.07.2019 und zum 01.01.2020 Änderungen (Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 28.02.2019).
Ab 01.07.2019 gibt es im Datensatz das Feld "Geburtsland" und die Kontaktanschrift des Arbeitnehmers entfällt.
Zum 01.01.2020 wird eine sogenannte Antragsbestätigung eingeführt. Um entsandten Personen den Nachweis darüber zu ermöglichen, dass sie bzw. ihr Arbeitgeber vor Beginn der Auslandsbeschäftigung einen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung gestellt haben, wird ein in Form und Inhalt einheitlicher Antragsnachweis künftig vom Entgeltabrechnungsprogramm auf Grundlage der Quittierung des Kommunikationsservers erstellt.

Fragen-und-Antworten-Katalog Deutsche Rentenversicherung zur A1-Bescheinigung

EG-Verordnung Nr. 883-2004

Die EG-Verordnung Nr. 1408/71 wurde für EG-Staatsangehörige sowie Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnsitz in einem EG-Staat und in Bezug auf Sachverhalte mit anderen EG-Staaten ab 01.05.2010 von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 (Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) abgelöst. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die Verordnung (EG) 987/2009 als Durchführungsverordnung zur Verordnung (EG) 883/2004 in Kraft getreten.

Die neuen Regelungen gelten für alle EU-Staaten. Flüchtlinge und Staatenlose, die ihren Wohnort in einem EU-Staat haben, werden mit einbezogen.

Die EG-Verordnung Nr. 883/2004 ist ab 01.06.2012 auch auf Island, Liechtenstein und Norwegen anzuwenden

Die neue Verordnung regelt unverändert, dass jeweils nur das Sozialversicherungsrecht eines Staats gelten soll. Es bleibt bei der allgemeinen Regel, dass eine Person grundsätzlich dort sozialversichert ist, wo sie arbeitet. Eine wesentliche Änderung besteht in der Ausdehnung der Entsendefrist von 12 auf 24 Monate. Entsandte Arbeitnehmer unterliegen nun bis zu 24 Monate lang weiterhin den Rechtsvorschriften des ursprünglichen Mitgliedstaats. Sie dürfen allerdings keine andere Person ablösen. Bei Entsendungen über 24 Monate sind weiterhin Ausnahmegenehmigungen möglich. Für selbstständig Tätige gelten entsprechende Regeln.

Der Nachweis über das anzuwendende Sozialversicherungsrecht wird ab 01.05.2010 mit der Bescheinigung A1 (bisher E101) erbracht.

Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA) ist Teil des GKV-Spitzenverbandes. Sie erbringt als internationales Bindeglied zwischen den Sozialversicherungssystemen umfassende Serviceleistungen im Rahmen der EU- und Abkommensregelungen mit über 40 Staaten.
Auf der Web-Site der DVKA finden Sie Informationen zum Arbeiten im Ausland.
Dort finden Sie auch den Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften (Bescheinigung A1) bei Entsendung und gewöhnlicher Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Informationen darüber, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei einer Beschäftigung im anderen Staat die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gelten, finden Sie in den Merkblättern.

Eine Bescheinigung A 1 ist grundsätzlich für jede vorübergehende Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat bei dem zuständigen Träger im Voraus zu beantragen. Die Bescheinigung A 1 kann jedoch auch noch nachträglich erteilt werden. Bei kurzfristig anberaumten Geschäftsreisen und bei sehr kurzen Entsendezeiträumen bis zu einer Woche kann man auf einen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung A 1 verzichten. Dies ist rechtlich zulässig und wird von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestätigt.
Es wird jedoch empfohlen, die Kontrollpraxis des Staates, in den die Dienst- oder Geschäftsreise unternommen wird, zu beachten und eine Bescheinigung A1 ggf. im Voraus zu beantragen. Verstärkte Kontrollen werden insbesondere in Frankreich und Österreich durchgeführt.


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